

Frankfurt a.M. (epd). Ein Bündnis aus zivilgesellschaftlichen Initiativen kritisiert die Einführung der sogenannten Bezahlkarte für Asylsuchende in Hessen, deren Ausgabe am 16. Dezember startete. Die Karte schränke Asylsuchende „massiv in ihrer Selbstbestimmung ein, verstärkt Ausgrenzung und Stigmatisierung“, teilte das Bündnis „Hessen sagt Nein zur Bezahlkarte“ in Frankfurt am Main mit. Mit einer Umtauschaktion und einer Petition an Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) und Sozialministerin Heike Hofmann (SPD) wolle das Bündnis die Karte aushebeln.
Der Bargeldbeschränkung der Karte will das Bündnis den Angaben zufolge mit Wechselstuben in mehreren hessischen Städten umgehen. Diese Strategie sei bereits in Hamburg und München erfolgreich, hieß es. Auch in Nürnberg gibt es das Angebot. In den Wechselstuben könnten Asylsuchende Einkaufsgutscheine, die sie etwa in Supermärkten per Kartenzahlung erworben haben, gegen Bargeld eintauschen.
„Insgesamt kommen je Monat circa 300 Gutscheine bei uns an und werden wieder verteilt“, erklärte die Initiative in Hamburg. Das entspreche einer Summe von rund 15.000 Euro, in einigen Monaten seien es auch schon 20.000 gewesen, hieß es.
„Gerechtfertigt wird die Bezahlkarte vor allem mit den seit Jahren wissenschaftlich widerlegten ‚Pull-Faktoren‘: Die häufigsten Fluchtgründe sind bekanntermaßen Krieg, Verfolgung, Klimakrise und akute Not“, sagte Johanna Stoll von der Initiative „Frankfurt sagt Nein! zur Bezahlkarte“ laut Mitteilung. Die Karte ignoriere dies und sei Teil rechtspopulistischer Symbolpolitik.
Die Bezahlkarte ist eine Debitkarte ohne Kontobindung, die mit einem Guthaben aufgeladen werden kann. Eine Überziehung des Guthabens ist nicht möglich. Die Karte kann in Geschäften genutzt werden, die Visa akzeptieren. Außerdem kann an allen Geldautomaten in Deutschland und bei teilnehmenden Einzelhändlern im Rahmen des Einkaufs kostenlos Geld abgehoben werden - bis zu einem maximal verfügbaren Bargeldbetrag von 50 Euro pro Monat.
Überweisungen ins Ausland sind mit der Karte nicht möglich. Sie sei deshalb ein Signal an Schlepper, die sich eine Industrie mit Einnahmen in Millionenhöhe aufgebaut hätten, hatte Ministerpräsident Rhein bei der Vorstellung der Karte gesagt. Rhein gab an, dass im Jahr 2022 aus Deutschland rund sieben Milliarden Euro von Ausländern ins Ausland überwiesen worden seien. Welcher Anteil davon auf Geflüchtete entfiel und wie hoch der Anteil von hierzulande lebenden Ausländern ist, die regulär Berufen nachgehen, konnte Rhein jedoch nicht beziffern.
Die Regierungschefinnen und -chefs der Länder hatten die Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete im November 2023 beschlossen. Doch es gibt keine flächendeckend gleiche Vorgehensweise. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern gehen eigene Wege. Im Freistaat werden die Karten seit März dieses Jahres genutzt.
Der Berliner Senat hat sich nach monatelangem Streit zwischen CDU und SPD auf eine Lösung bei der Bezahlkarte für Asylbewerber geeinigt. Damit kommt die Bargeld-Obergrenze von 50 Euro monatlich auch in Berlin, aber mit einer Begrenzung auf sechs Monate, hieß es am 17. Dezember. Nach Ablauf dieser Zeit werde die Maßnahme überprüft, sagte Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU).
In Nordrhein-Westfalen wird im kommenden Jahr eine Bezahlkarte für Flüchtlinge eingeführt. Der nordrhein-westfälische Landtag stimmte am 18. Dezember in Düsseldorf in namentlicher Abstimmung mit 171 Ja- und 97-Nein-Stimmen sowie 11 Enthaltungen für die notwendige Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Asylbewerberleistungsgesetzes. Mit der Bezahlkarte können Asylsuchende monatlich bis zu 50 Euro abheben. In Härtefällen kann die Summe auch höher sein. Allerdings steht es den Kommunen auch frei, die sogenannte Opt-Out-Regel zu nutzen und weiterhin gemäß dem Asylbewerberleistungsgesetz Geldleistungen, Sachleistungen oder Wertgutscheinen auszugeben.
Der Start der Bezahlkarte in 14 Ländern war eigentlich für Herbst 2024 geplant. Doch der Start verzögert sich gerade wegen einer juristischen Auseinandersetzung um die Auftragsvergabe für den Dienstleister der Bezahlkarte. Einige Kommunen in Deutschland haben die Bezahlkarte jedoch bereits eingeführt. Hamburg hat als erstes Bundesland ein Pilotprojekt zur Bezahlkarte gestartet. Auch in Hannover gibt es sie schon.
Der hessische Landesausländerbeirat hatte die Bezahlkarte und die Debatte um sie scharf kritisiert. Dem Bündnis gegen die Karte gehören nach eigenen Angabe Einzelpersonen an sowie lokale Initiativen und Organisationen wie die Seebrücke Frankfurt, die ehrenamtliche Beratungsstelle Café United, die Ada Kantine, Sea Eye Frankfurt oder auch die Beratungsstelle Pena.ger Frankfurt. Auch der Hessische Flüchtlingsrat unterstütze das Anliegen der Tauschbörsen, hieß es.