

Düsseldorf, Berlin (epd). Zwei am 27. November veröffentlichte Studien bekräftigen die entscheidende Rolle der sozialen Herkunft über den Bildungserfolg. Die Metastudie „Woher und Wohin 2024“ stelle die zentralen Befunde zahlreicher Untersuchungen zu Schulleistungen mit Fokus auf die herkunftsbedingten Unterschiede umfassend dar, teilte die Wübben Stiftung Bildung in Düsseldorf mit. Einer Untersuchung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung bekommen Kinder mit deutscher Saatsangehörigkeit mehr Hilfe für die Schule als Kinder ausländischem Pass.
In die Metastudie „Woher und Wohin 2024“ flossen den Angaben zufolge vier nationale und fünf internationale Studien in mehreren Auflagen ein, darunter die Iglu- und die Pisa-Studien. Laut der Expertise sind die Bildungschancen von Schülerinnen und Schülern aus sozial benachteiligten Familien über die gesamte Bildungsbiografie hinweg eingeschränkt. Schon vor dem Schuleintritt zeigten sich signifikant bessere Leistungen bei Schülerinnen und Schülern aus privilegierten Familien.
Die Benachteiligung für Schüler aus unteren Schichten zeigt sich der Metastudie zufolge in vier Dimensionen. Die primären Herkunftseffekte seien tatsächliche Leistungsunterschiede zwischen Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher sozialer Herkunft. Sekundäre Herkunftseffekte seien die Entscheidungen der Eltern zum Übergang auf eine weiterführende Schule. Ungleiche Leistungsbewertungen durch Lehrkräfte seien die tertiären Effekte, während die unterschiedlichen Lern- und Entwicklungsmilieus von Schulen in privilegierten und sozial benachteiligten Lagen quartäre Herkunftseffekte darstellten.
Die Metastudie empfiehlt unter anderem, systematisch gegen schulisches Versagen vorzugehen. Dazu gehöre die Frühförderung im Vorschulbereich, die Sprachförderung sowohl nichtdeutscher als auch deutscher Schülerinnen und Schüler mit Sprachdefiziten sowie weitere Wege zum Erwerb eines nachträglichen Schulabschlusses. Das gegliederte Schulsystem in Deutschland sei Schulformen anderer Ländern in puncto Leistungsfähigkeit und Gerechtigkeit unterlegen, in denen im gleichen Setting individuelle Bildungswege möglich sind. Es brauche daher ein inklusives Schulsystem und Schulformen mit mehreren Bildungsgängen. Schulen in besonders benachteiligten Lagen sollten besonders gefördert werden, etwa durch eine Mittelzuweisung, die auf einem Sozialindex basiert.
Herkunftsbedingte Unterschiede beim Zugang zu Informations- und Kommunikationstechnologie seien zu vermindern, dabei solle der Fokus besonders auf Schülerinnen und Schüler mit schwachen Kompetenzen in diesem Bereich liegen, hieß es weiter. Vor allem an nicht-gymnasialen Schulformen müssten politische Basiskompetenzen gefördert werden.
Bei Kindern mit Migrationshintergrund hat der Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung zufolge der deutsche Pass Einfluss auf deren Bildungserfolg. Zugewanderte Mütter, deren Kinder seit Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, unterstützen diese demnach intensiver in schulischen Belangen. Die Studie könne das auf den bloßen Effekt der Staatsbürgerschaft zurückführen. Der Effekt wirke sich langfristig auf die Schulabschlüsse aus. Kinder aus zugewanderten Familien mit deutschem Pass machen der Studie zufolge mit einer höheren Wahrscheinlichkeit Abitur.
Die Studienautorinnen um die Bevölkerungsökonomin C. Katharina Spieß haben für die Untersuchung die Auswirkungen der im Jahr 2000 in Kraft getretenen Staatsangehörigkeitsreform betrachtet. Seitdem ist es unter bestimmten Voraussetzungen möglich, dass in Deutschland geborene Kinder von Eltern ohne deutschen Pass selbst die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten können. Die Studie vergleicht vier Gruppen: Kinder, die im Jahr vor und nach der Reform geboren sind, sowie Kinder aus Familien mit und ohne Migrationshintergrund. Dadurch könne der Effekt der Staatsbürgerschaft isoliert werden. Analysiert wurden für die Studie Daten unter anderem aus dem Mikrozensus und dem nationalen Bildungspanel.
Die formale Zugehörigkeit zur deutschen Gesellschaft mache einen Unterschied beim Bildungserfolg, resümieren die Autorinnen. Über die Gründe für den Effekt der Staatsbürgerschaft könne man nur spekulieren, sagte Studien-Co-Autorin Elena Ziege. Mütter erwarteten mit Erwerb der Staatsbürgerschaft für ihre Kinder vermutlich bessere Perspektiven am Arbeitsmarkt, sagte sie. Sie sähen einen höheren Nutzen von Bildungserfolgen für ihre Kinder, heißt es dazu in der Studie.