Bonn, Mainz (epd). Seit ihrer Gründung vor 60 Jahren hat die Aktion Mensch bundesweit mehr als 5,4 Milliarden Euro an soziale Projekte vergeben. Ziel sei, die Lebenssituation von Menschen mit Behinderung sowie von Kindern und Jugendlichen nachhaltig zu verbessern, erklärte die Förderorganisation am 7. Oktober in Bonn. Die Aktion Mensch wurde 1964, damals noch unter dem Namen Aktion Sorgenkind, vom Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) und den Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege gegründet.
Auch 60 Jahre nach ihrer Gründung möchte die Aktion Mensch Menschen dazu ermutigen, gemeinsam eine barrierefreie Gesellschaft mitzugestalten, durch Engagement und durch Begegnungen. Denn noch immer verhinderten gesellschaftliche Missstände eine umfassende Teilhabe. Zu viele Sonderstrukturen und Benachteiligungen in allen Lebensbereichen verhinderten, dass Menschen mit Behinderung selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. „So übersehen immer noch zu viele Unternehmen trotz des Fachkräftemangels die Potenziale von Arbeitnehmern mit Behinderung oder auf dem Wohnungsmarkt mangelt es erheblich an barrierefreien Wohnungen“, heißt es in der Mitteilung.
Mit den Einnahmen aus ihrer Lotterie fördere die Aktion Mensch jährlich bis zu 8.500 Projekte für Inklusion, hieß es. Schwerpunkte seien dabei die Bereiche Arbeit, Freizeit, Bildung, Wohnen, Mobilität sowie die Barrierefreiheit. Zugleich sei die Aktion Mensch die größte nichtstaatliche Förderorganisation in der Kinder- und Jugendhilfe: In den vergangenen 20 Jahren seien Vorhaben in diesem Bereich mit über 367 Millionen Euro unterstützt worden. An Gewinner der Lotterie seien mehr als 3,9 Milliarden Euro ausgeschüttet worden.
Die Aktion versteht sich nach eigenen Angaben als „Plattform und Vernetzerin“ für die Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Man sei stolz darauf, mit den Fördermitteln „einen entscheidenden Beitrag zu mehr Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderung und die Chancengleichheit von Kindern und Jugendlichen“ geleistet zu haben, erklärte der Vorstand der Aktion Mensch, Armin von Buttlar. „Doch das Jubiläum ist auch ein Ansporn für die Zukunft, denn wir wissen: Knapp 80 Prozent der Menschen mit Behinderung sorgen sich um einen Bedeutungsverlust von Inklusion. Umso mehr wollen wir uns künftig noch stärker auf Inklusion von Anfang an fokussieren.“
Das ZDF ist bis heute Mitglied bei der Aktion Mensch, außerdem Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonie, Paritätischer Gesamtverband und Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland. Die Gründung der Organisation erfolgte vor 60 Jahren als Reaktion auf den Contergan-Skandal, bei dem die Einnahme eines Schlafmittels durch Schwangere zu Fehlbildungen bei 5.000 Neugeborenen führte. Die ZDF-Fernsehshow „Vergißmeinnicht“ wurde demnach am 9. Oktober 1964 zur Geburtsstunde der damaligen Aktion Sorgenkind.
Ab 1981 kritisierten Initiativen behinderter Menschen die Darstellung von Behinderung durch die Aktion und den Fernsehsender. In dem Namen komme eine diskriminierende gesellschaftliche Haltung zum Ausdruck. Ab Mitte der 1990er Jahre seien Menschen mit Behinderung im Rahmen von Kampagnen der Aktion als selbstbewusste Akteurinnen und Akteure aufgetreten, die einen Umgang auf Augenhöhe forderten, hieß es. 2001 sei als „konsequenter Schritt“ die Umbenennung in Aktion Mensch erfolgt.