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Behinderung

Inklusionsbarometer: Junge Beeinträchtigte unzufriedener



Zwischen jungen Menschen mit und ohne Beeinträchtigung gibt es große Unterschiede, fand das nach eigenen Angaben erste Inklusionsbarometer Jugend der Aktion Mensch heraus. Der Weg zu mehr Inklusion sei noch weit, sagt die Organisation.

Bonn (epd). Junge Menschen mit Beeinträchtigungen sind einer Untersuchung zufolge mit ihrem Leben deutlich weniger zufrieden als Jugendliche ohne Behinderungen. Laut dem Inklusionsbarometer Jugend der Aktion Mensch sind nur die Hälfte der beeinträchtigten Jugendlichen insgesamt zufrieden. Bei Jugendlichen ohne Behinderung seien es drei Viertel, teilte die Aktion Mensch am 3. September in Bonn mit.

Die Studie sei der bundesweit erste Vergleich von Teilhabechancen junger Menschen mit und ohne Behinderungen zwischen 14 und 27 Jahren, hieß es vonseiten der Aktion Mensch. Für die Studie hatte die Organisation zwischen November und Februar mehr als 1.400 Menschen befragt, etwa je zur Hälfte mit und ohne Beeinträchtigung.

Unterschiede in allen fünf untersuchten Bereichen

Demnach seien junge Beeinträchtigte in sozialen Beziehungen, Alltagsleben, Selbstbestimmung, individueller Entfaltung und Nichtdiskriminierung mit mehr Herausforderungen konfrontiert als ihre Altersgenossinnen und -genossen ohne Behinderungen. 85 Prozent der Beeinträchtigten hätten bereits Diskriminierung erlebt, im Vergleich zu 61 Prozent der Nicht-Beeinträchtigten.

Ein Drittel der jungen Leute mit Beeinträchtigungen sorge sich vor noch stärkerer Ausgrenzung in der Zukunft, hieß es weiter. Bei jenen ohne Behinderung waren es nur halb so viele. Nach den Worten der Aktion-Mensch-Sprecherin Christina Marx verdeutlichen die Zahlen, dass Vielfalt immer noch nicht als normal oder als Vorteil für die Gesellschaft wahrgenommen werde. „Deshalb ist Inklusion von Anfang an in allen Lebensbereichen so wichtig“, sagte Marx. „Wenn gleichberechtigtes Miteinander von Geburt an gelernt und gelebt wird, profitieren alle davon und die Diskriminierungsspirale beginnt erst gar nicht.“

Als wichtigste Stütze gaben 72 Prozent der Beeinträchtigten ihre Familie an, 86 Prozent der Menschen ohne Behinderungen hingegen Freundschaften. Marx erklärte, wer beeinträchtigt sei, sei besonders auf ihre privaten Netzwerke angewiesen: „Wo der Einflussbereich der Familie aufhört, versagen die gesellschaftlichen Strukturen.“

Auswirkungen auf Selbstbewusstsein und Selbstwirksamkeit

Mehr als ein Viertel der jungen Leute mit Beeinträchtigung gaben an, es falle ihnen schwer, neue Freundschaften zu schließen, fast ebenso viele (26 Prozent) fühlten sich häufig einsam. Bei Gleichaltrigen ohne Behinderung waren es nur 9 beziehungsweise 13 Prozent.

Mehr als die Hälfte der befragten Menschen mit Beeinträchtigungen beklagte, ihnen werde zu wenig zugetraut. Bei jenen ohne Behinderung sagte das nur etwas mehr als ein Viertel. „Das wirkt sich negativ auf das Selbstbewusstsein und die Selbstwirksamkeit aus“, erläuterte Marx.

Nils Sandrisser