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"Viele behinderte Studierende wechseln nach Gießen"




Monika Maria Möhring
epd-bild/Jamie McMillan
An der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) studieren viele Menschen mit Behinderungen - und sie tun das überaus erfolgreich. Warum das so ist, erläutert die Geschäftsführende Direktorin des Zentrums für Blinde und Schwerbehinderte Studierende (BliZ), Monika Maria Möhring, dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Gießen (epd). Fast alle Studierenden der Hochschule finden laut Monika Maria Möhring spätestens ein Jahr nach Studienende einen Job. Die Gründe fasste sie so zusammen: „26 Jahre Erfahrung im BliZ, 13 zum Teil langjährige Mitarbeitende, ein Riesen-Netzwerk, individuelle Betreuung.“

Aktuell unterstützt das BliZ an den THM-Standorten Gießen, Friedberg und Wetzlar etwa 200 Studierende mit Behinderung. Sie seien in „Mangelfächern“ im naturwissenschaftlich-technischen Bereich eingeschrieben, wo dringend Arbeitskräfte benötigt werden, etwa in der Logistik oder der Informatik, erläuterte Möhring. „Viele behinderte Studierende wechseln von anderen Unis zu uns.“ Auch die Promotion sei möglich.

Campus überwiegend barrierefrei

„Der Campus in Friedberg ist überwiegend barrierefrei, alle Türen gehen sofort auf, es gibt viele Handläufe“, berichtete die Logistik-Professorin, die neben dem Fachbereich Management und Kommunikation auch das BliZ leitet. Die behinderten Studierenden erhielten einen Platz im Wohnheim und Unterstützung von ihren nicht behinderten Kommilitonen, die sie zu Sport, Veranstaltungen und Partys mitnehmen.

Für die regelmäßig etwa 30 blinden THM-Studenten konvertiere das BliZ pro Semester 5.000 Dokumente, damit sie in der Blindenschrift Braille oder mit dem Screenreader gelesen werden können. Techniker des BliZ setzten die Klausuren so um, dass sie hör- und fühlbar sind. Bei gelähmten Studierenden kämen vereidigte Schreiber zum Einsatz. Ein schwer an ALS erkrankter Student habe seine Abschlussarbeit immer dann auf Band gesprochen, wenn seine Krankheit es zuließ.

Das BliZ helfe auch beim Übergang in den Arbeitsmarkt. Es übernehme die Beantragung von Hilfen und stelle Arbeitgebern das Equipment zur Verfügung, „bis die Anträge durch sind“. Möhring, die selbst behindert ist und einige Jahre im Rollstuhl saß, betonte: „Je öfter Mitarbeiter mit Handicap in die Firmen kommen, umso mehr bauen sich die Bedenken der Arbeitgeber ab.“

Netzwerk hilft beim Jobeinstieg

Manche Absolventen seien so schwer behindert, dass sie sich kaum bewegen können. „Aber wir finden trotzdem jemanden, der sagt: Für unseren Zweck spielt es keine Rolle.“ Beim Jobeinstieg helfe das große Netzwerk, das sich das BliZ in den 26 Jahren seines Bestehens aufgebaut habe: „Wir fragen auch Ehemalige, ob bei ihnen in der Firma Werkstudenten gebraucht werden.“ Jedes Semester gehen laut Möhring zehn THM-Studierende mit Handicap an Hochschulen ins Ausland.

Seit einiger Zeit kämen vermehrt junge Menschen mit Autismus oder ADHS an die THM. „Man weiß heutzutage, wie Autisten oder Kinder mit ADHS beschult werden müssen“, erklärte Möhring. Sie schafften daher zunehmend das Abitur.

Stefanie Walter