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Heil macht Druck beim Mindestlohn




Hubertus Heil
epd-bild/Christian Ditsch
Arbeitsminister Heil hat seine Forderung nach einem höheren Mindestlohn bekräftigt - und will der Mindestlohn-Kommission Vorgaben machen. In zwei Jahren müsse der Mindestlohn bei 14 bis 15 Euro liegen. Die Arbeitgeber weisen die Einmischung zurück.

Berlin (epd). Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat die unabhängige Mindestlohn-Kommission aufgefordert, sich bei ihren nächsten Beschlüssen an den EU-Vorgaben zu orientieren. Heil sagte am 9. September im ARD-Morgenmagazin: „Wir haben diese EU-Richtlinie. Die ist verbindlich.“ Er werde dafür sorgen, dass das deutsche Recht der EU-Mindestlohn-Richtlinie entspreche, erklärte Heil. Dies habe er der Mindestlohn-Kommission in einem Brief mitgeteilt.

Heil sagte weiter, die Mindestlohn-Kommission entscheide zwar unabhängig. Sie müsse sich aber an deutsches Recht und an EU-Vorgaben halten. Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, wies den Heil-Vorstoß zurück. Er stelle die Arbeit der Kommission infrage und schade dem sozialpartnerschaftlichen Miteinander, erklärte Kampeter, der der Mindestlohn-Kommission angehört.

Kampeter: „Kein Ergebnis vorgegeben“

Kampeter sagte, es stelle sich die Frage, wie unabhängig die Kommission wirklich sei, wenn sie Vorgaben aus der Politik erhalte. Man halte sich bei der Mindestlohn-Findung an nationale und internationale Vorgaben - doch handele es sich dabei um „Orientierungsgrößen, die kein bestimmtes Ergebnis vorgeben“, betonte Kampeter.

Der Mindestlohn beträgt in Deutschland derzeit 12,41 Euro pro Stunde. Die Mindestlohn-Kommission hatte zuletzt lediglich eine geringfügige Erhöhung empfohlen, nachdem die Ampel-Koalition den gesetzlichen Mindestlohn per Bundestagsbeschluss deutlich auf 12 Euro erhöht und damit ein Wahlversprechen eingelöst hatte. Die Mindestlohn-Kommission war bei den darauffolgenden Festlegungen für dieses und das kommende Jahr erstmals nicht zu einem einheitlichen Votum gekommen. Vielmehr hatte die Arbeitgeberseite mit der bei einem Patt entscheidenden Stimme der Vorsitzenden die Gewerkschaften überstimmt. Seitdem gibt es Streit zwischen der Kommission und dem Bundesarbeitsminister.

Heil sagte, die letzte Erhöhung sei bedauerlicherweise nicht im Konsens erfolgt und zu gering ausgefallen. Die 45 Millionen Beschäftigten in Deutschland hätten „anständige Löhne und Arbeitsbedingungen verdient“. Nach den Vorgaben der EU-Mindestlohn-Richtlinie muss der gesetzliche Mindestlohn Heil zufolge im Jahr 2026 bei 14 bis 15 Euro pro Stunde liegen. Die paritätisch besetzte Kommission entscheidet in der ersten Jahreshälfte 2025, wie es 2026 mit dem Mindestlohn weitergeht. Anfang 2025 steigt er zunächst um 41 Cent auf 12,82 Euro pro Stunde.

Mindestlohn muss sich an Armutsgefahr orientieren

Die 2022 beschlossene EU-Mindestlohn-Richtlinie muss in den EU-Staaten, in denen bereits ein Mindestlohn gilt, bis zum November dieses Jahres umgesetzt werden. Sie schreibt vor, dass der Mindestlohn einen gewissen Lebensstandard sicherstellt. Bisher gibt es nationale Mindestlöhne, beispielsweise in Bulgarien, die zum Überleben nicht ausreichen. Wie die Länder einen angemessenen Lebensstandard bemessen, ist ihnen überlassen und richtet sich nach den Bedingungen im jeweiligen Land. Die Länder müssen aber ein nachvollziehbares Verfahren anwenden, beispielsweise den Mindestlohn an der in der Europäischen Union gültigen Armutsgefährdungsgrenze von 60 Prozent des Medianeinkommens orientieren. Auf diesen Wert bezieht sich auch der deutsche Arbeitsminister Heil.

Die Linken-Politikerin und Bundestagsabgeordnete Susanne Ferschl forderte Heil auf, der Mindestlohn-Kommission klare Vorgaben zu machen. Es reiche nicht, Briefe zu schreiben, in denen er die Kommission bitte, sich an geltendes Recht zu halten, erklärte Ferschl.