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Medizin ohne Krankenversicherung




In der Studentischen Poliklinik (Archivbild)
epd-bild/Heike Lyding
Zehntausende Menschen in Deutschland haben keine Krankenversicherung. In der Studentischen Poliklinik in Frankfurt am Main werden einige von ihnen medizinisch behandelt - von Studierenden, die dabei praktische Erfahrungen sammeln.

Frankfurt a.M. (epd). Felix Luft fährt mit dem Ultraschallgerät über den Bauch des Patienten. „Können Sie mal tief einatmen und die Luft anhalten?“ Der Mann auf der Liege atmet tief ein und sofort wieder aus. Elena Christmann tritt neben ihn, lächelt und macht es ihm vor: Nicht ausatmen, Luft anhalten. Der Patient versteht. Auf dem Ultraschallbild erkennt Felix Luft jetzt besser, was er gesucht hat.

Luft und Christmann studieren Medizin. Und sie behandeln Menschen ohne Krankenversicherung in der studentischen Poliklinik (StuPoli) der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Zweimal pro Woche bietet die StuPoli eine kostenlose offene Sprechstunde im Frankfurter Gesundheitsamt an. Zu den Sprechstunden kommen meist drei bis zehn Personen.

Besetzung mit „Seniors“ und „Juniors“

An diesem Tag warten in den beiden Behandlungszimmern jeweils ein „Senior“ und ein „Junior“ auf die Patienten: Optimalbesetzung. „Juniors“ sind im fünften, „Seniors“ in höheren Semestern des Medizinstudiums. Die Ärztin Petra Tiarks-Jungk wechselt zwischen beiden Zimmern. Sie hat mehr als 20 Jahre bei der humanitären Sprechstunde des Gesundheitsamts gearbeitet und betreut die StuPoli seit ihren Anfängen im Jahr 2014.

Seit 2023 ist die Ärztin in Rente, bei der StuPoli arbeitet sie weiterhin jeden Dienstag. „Die Patienten sind hier keine Versuchskaninchen“, betont Tiarks-Jungk. Die Studierenden absolvierten zuerst ein zweisemestriges Wahlpflichtfach und müssten eine Prüfung ablegen. Die Behandlung übernähmen sie unter ärztlicher Supervision.

Im Behandlungszimmer sind Christmann und Luft mit dem Ultraschall beschäftigt. Tiarks-Jungk kommt dazu, schaut auf den Bildschirm. Auffälligkeiten erkennen alle drei nicht, auch nicht beim EKG. „Traumhaft“, sagt die Ärztin. Der Patient sei gesund, habe keine Beschwerden. Die Elisabeth-Straßenambulanz der Caritas hatte ihn für eine Vorsorgeuntersuchung zur StuPoli geschickt. Es komme häufig vor, dass Menschen von anderen Hilfsstellen an die StuPoli verwiesen werden, erklärt Christmann. Auch über soziale Medien und Mundpropaganda würden Patienten auf die StuPoli aufmerksam.

Viel Zeit für Patienten

Nach mehr als einer halben Stunde entlassen die Ärztin und die Studierenden den Patienten. Dass man sich viel Zeit nehmen könne, beschreibt Christmann als eine Besonderheit der StuPoli. Ina Pfeil, ebenfalls „Junior“, ist froh über die praktische Erfahrung: „Hier bist du konstant am Patienten.“ Auch durch den Umgang mit der besonderen Klientel machten die Studierenden neue Erfahrungen. Man lerne beispielsweise, „wie man rauskitzelt, wie viel Alkohol jemand wirklich trinkt“, erzählt Luft. Oder: „Wie man mit Sprachbarrieren umgeht.“

Im Nebenzimmer untersucht Pfeil eine Frau, die kein Deutsch versteht. Ein junger Mann steht neben ihr und übersetzt. Es kämen Menschen, die Sozialleistungen beziehen könnten, dies aber wegen bürokratischer Hürden nicht tun. Zudem Personen aus dem europäischen Ausland, die in Deutschland schwarz arbeiten. Auch kämen illegal eingewanderte Menschen. Tiarks-Jungk ergänzt, dass manche den Nichtversichertenstatus vorziehen, „weil sie alles Geld zusammenkratzen und nach Hause schicken“.

Es gebe aber auch etliche Deutsche ohne Krankenversicherung, wie den selbstständigen Handwerker, der seine private Krankenversicherung nicht mehr bezahlen kann. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts waren 2019 in Deutschland rund 61.000 Personen ohne Krankenversicherung.

Akute und chronische Beschwerden

Zur StuPoli kämen Patienten mit akuten Beschwerden ebenso wie chronisch Kranke. Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Gelenkerkrankungen, Leber- oder Fettstoffwechselstörungen, „das gesamte Spektrum“, sagt Petra Sporerova. Die Medizinstudentin unterstützt die StuPoli als „Clinical Manager“. Sie erstellt den Arbeitsplan, spricht als erste mit den Patienten, stellt Überweisungen aus. Medikamente erhielten die Patienten aus dem Vorrat der StuPoli oder von einer kooperierenden Apotheke. Beides zahle die Frankfurter Unimedizin.

Um 19 Uhr kommen Studierende und Ärztin zu einer Nachbesprechung zusammen. Dabei besprechen sie die aktuellen Fälle. Schließlich wollen die Studierenden in der StuPoli helfen und gleichzeitig etwas lernen - für ihr Medizinstudium und ihre Zukunft als Arzt oder Ärztin.

Leonie Harth