Aachen (epd). Das Sozialgericht Aachen hat einer schwerbehinderten Klägerin einen Fahrrad-Anhänger für behinderte erwachsene Menschen zugesprochen. Nach Angaben des Gerichts vom 28. August hatte die 36-jährige Frau gegen den Landschaftsverband Rheinland auf Bewilligung der „Reha-Karre“ geklagt, damit sie an Fahrradausflügen mit ihrer Familie, ihren Assistenten und Freunden teilnehmen kann. Die Klägerin habe spastische Tetraparese und Tetraplegie - Lähmungserscheinungen in Armen und Beinen - sei dadurch gehbehindert und könne nicht selbst Fahrrad fahren.
Die Mutter der Klägerin hatte nach Angaben des Gerichts berichtet, dass Familie und Freunde Alltagswege und Ausflüge immer häufiger mit dem Fahrrad erledigten. Von diesen Unternehmungen sei ihre Tochter ohne „Reha-Karre“ vollständig ausgeschlossen. Der beklagte Landschaftsverband hielt den Angaben zufolge den Fahrrad-Anhänger für eine soziale Teilhabe nicht für zwingend erforderlich. Die Klägerin verfüge über einen Aktivrollstuhl mit Unterstützungsantrieb und ihre Eltern besäßen ein behindertengerecht umgebautes Fahrzeug.
Das sah das Gericht anders. Die Bewilligung der „Reha-Karre“ sei erforderlich, um eine durch die Behinderung der Klägerin bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Die Klägerin könne nicht auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, des behindertengerecht umgebauten Fahrzeugs oder ihres Aktivrollstuhls verwiesen werden. Das Selbstbestimmungsrecht der Klägerin beinhalte, selbst zu entscheiden, wie sie ihre Freizeit verbringen möchte.
Von den Fahrradfahrten mit ihrer Familie sowie mit ihren Assistenzkräften sei sie jedoch bislang aufgrund ihrer Behinderung ausgeschlossen. Ein Ausgleich dieser Benachteiligung könne nur durch die Bewilligung des speziellen Fahrrad-Anhängers erfolgen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Az.: S 19 SO 112/23