sozial-Recht

Sozialgericht

Krankenkasse muss Anzug zur Elektrostimulation nicht bezahlen



Augsburg (epd). Behinderte Menschen mit einer spastischen Lähmung können sich von ihrer gesetzlichen Krankenkasse nicht die Kosten für einen Ganzkörperanzug zur Elektrostimulation erstatten lassen. Der sogenannte Exopulse Mollii Suit, der betroffene Muskelgruppen mit Elektroimpulsen stimulieren will, stellt eine neue, noch nicht vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) anerkannte, unkonventionelle Behandlungsmethode dar, entschied das Sozialgericht Augsburg in einem am 29. August veröffentlichten Urteil.

Die 50-jährige Klägerin ist an einer spastischen Tetraparese bei Multipler Sklerose erkrankt. Infolge ihrer Erkrankung ist ein selbstständiges Gehen nur mit einer Stütze möglich. Es bestehen als Folge der Spasmen Gleichgewichtsstörungen und die Blasenfunktion ist gestört. Ihr Arzt hatte ihr schließlich einen Exopulse Mollii Suit zum Preis von 8.945 Euro verordnet. Der alle zwei bis drei Tage für eine Stunde zu tragende Ganzkörperanzug soll fehlende Nervenreizsignale, die die Muskeleigenreflexe hemmen, durch elektrische Signale ersetzen.

Zahlung des Hilfsmittels verweigert

Die Klägerin, die sich den Anzug auf eigene Kosten angeschafft hatte, berichtet, dass das Gehen und die Kontrolle ihrer Blasenfunktion viel besser geworden sei. Die Kosten wollte sie sich von ihrer Krankenkasse erstatten lassen. Der Ganzkörperanzug sei ein orthopädisches Hilfsmittel, welches dem unmittelbaren Behinderungsausgleich diene. Das müsse die Krankenkasse sicherstellen, so ihre Begründung.

Die Krankenkasse lehnte die Kostenerstattung jedoch ab. Bei dem Ganzkörperanzug mit seinen 58 Elektroden zur Elektrostimulation handele es sich um eine unkonventionelle neue Behandlungsmethode, deren Nutzen der G-BA bewerten müsse. Das Gremium entscheidet darüber, welche Therapien von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden müssen.

Das Sozialgericht wies die Klage der Frau ab. Das Hilfsmittel stelle eine neue Behandlungsmethode dar. Es handele sich nicht um ein reines, dem bloßen Behinderungsausgleich dienendes Hilfsmittel. Erst wenn der G-BA den Nutzen und die Wirtschaftlichkeit positiv bewerte, sei eine Kostenerstattung möglich. Ein entsprechender Prüfantrag liege aber nicht vor. Auch die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft empfehle den Anzug wegen fehlender Studien bislang nicht.

Az.: 10 KR 381/23