Berlin (epd). Dem Bundestag liegt der Bericht der Bundesregierung zur „Zukunftssicheren Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung - Darstellung von Szenarien und Stellschrauben möglicher Reformen“ vor. Damit, so der Bundestag in einer am 26. August veröffentlichten Mitteilung, gebe es nun datengestützte Darstellungen möglicher Szenarien für eine systemische Weiterentwicklung der sozialen Pflegeversicherung, „ihrem Finanzierungsbedarf bis zum Jahr 2060 sowie mögliche Stellschrauben auf der Ausgaben- sowie Einnahmenseite“.
Basis der Untersuchung ist eine Analyse des bestehenden Pflegesystems. Danach wird der weit überwiegende Teil der pflegebedürftigen Menschen ambulant versorgt. Von den rund 5,2 Millionen pflegebedürftigen Menschen entsprach das Ende 2023 laut Vorlage rund 4,4 Millionen (rund 84 Prozent). 3,1 Millionen Menschen wurden demnach überwiegend durch Angehörige gepflegt, rund 700.000 (rund 13 Prozent) Menschen wurden vollstationär und rund 140.000 (rund drei Prozent) in stationären Einrichtungen der Eingliederungshilfe versorgt.
Die Gesamtausgaben der sozialen Pflegeversicherung lagen im Jahr 2023 bei rund 59,2 Milliarden Euro, wie aus der Unterrichtung hervorgeht. Die Ausgaben für die ambulanten Leistungen beliefen sich demnach auf rund 36,2 Milliarden Euro, für stationäre Leistungen lagen sie bei rund 19,7 Milliarden Euro (ohne stationäre Einrichtungen der Eingliederungshilfe rund 19,3 Milliarden Euro).
Die Autoren widmen sich auch den drohenden finanziellen Schwierigkeiten in der Pflegekasse. Der demografische Wandel bedrohe das Umlageverfahren zur Finanzierung der Pflegeversicherung: „Zum einen geht damit ein erwartbarer Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials einher. (...) Zum anderen werden neben der Tatsache, dass die Zahl der Pflegebedürftigen über das demografiebedingt erwartbare Maß steigt, auch die Babyboomer in den kommenden Dekaden potenziell zu Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfängern, was den Druck auf die Ausgabenseite nochmals erhöht.“
Die Folge: Bei einem unveränderten Beitragssatz und gleichzeitig konstanten Leistungen laufen Ausgaben und Einnahmen auseinander. Finanzierbarkeit als auch die Leistungsfähigkeit wären gefährdet. „Darüber hinaus gefährdeten Preis- und Lohnentwicklung, und damit einhergehende steigende Eigenanteile die Akzeptanz des Teilleistungssystems“, so die Fachleute. Weiteres Problem: Die pflegebedingten Eigenanteile in der vollstationären Pflege sowie die Zuzahlungen in der ambulanten Pflege steigen massiv an, mit der Folge, dass vermehrt Seniorinnen und Senioren mit den Kosten für ihre Pflege finanziell überfordert sind.
In dem Bericht werden mehrere „Grundszenarien möglicher Ausgestaltungsoptionen eines zukünftigen Systems“ aufgezeigt, ebenso alternative Ausgestaltungsoptionen. Genau genommen sind es vier verschiedene Reformansätze, die näher betrachtet werden: ein Teilleistungs- und ein Vollleistungssystem, jeweils als Umlage- oder als Kapitaldeckungsverfahren. Dabei spielen die Autoren die Möglichkeiten unterschiedlicher Reichweiten der Absicherung des Risikos Pflegebedürftigkeit von einer sozialen Teilabsicherung bis hin zur sozialen Vollabsicherung durch.
Die banal anmutende Erkenntnis: Je nach Ausgestaltung seien die künftige Finanzierungslücke sowie der sich daraus ergebende notwendige Reformbedarf auf der Ausgaben- und Einnahmenseite kleiner oder größer.