sozial-Politik

Krankenkassen

AOK legt Reformideen zur Pflege vor




Bingo-Spiel in einem Altenpflegeheim in Neu-Isenburg
epd-bild/Tim Wegner
Mit einem Positionspapier zu Reformen in der gesetzlichen Pflegeversicherung schaltet sich die Krankenkasse AOK in die aktuelle Debatte zur Weiterentwicklung der Pflege ein. Immer mehr Pflegebedürftige, ein anhaltender Fachkräfteengpass, strapaziöse Arbeitsbedingungen: die Herausforderungen für die Pflegeversicherung seien groß, heißt es zu den Motiven für die Publikation.

Berlin (epd). Als zentrale Punkte schlägt die AOK in ihrem Papier mit dem Titel „Eckpunkte zur Weiterentwicklung der Pflege“ eine Flexibilisierung des Leistungsrechts sowie die Aufhebung der Sektorengrenzen vor. Und sie setzt sich für eine stärkere Zusammenarbeit von Kommunen, Kranken- und Pflegekassen ein, vor allem bei der Planung und Steuerung der örtlichen Versorgungsstrukturen.

„Leit- und Grundsatz des Positionspapiers ist es, dass Pflege vor Ort stattfindet. Die Mehrheit der Pflegebedürftigen möchte in der gewohnten Umgebung versorgt werden und diesen Wunsch gilt es, bei Strukturreformen zu priorisieren“, sage AOK-Vorstandsvorsitzende Carola Reimann. „Damit dies aber vor dem Hintergrund von sich verändernden Familien- und Beziehungsstrukturen und ohne finanzielle Überforderung von Beitragszahlenden und Arbeitgebern, Pflegebedürftigen und Angehörigen möglich wird, müssen die sozialräumlichen Sorgestrukturen vor Ort gestärkt und systematisch Caring Communities etabliert werden.“

Unterstützende Netzwerke aufbauen

Dabei spielen innovative Wohnformen sowie der gezielte und flächendeckende Aufbau von zuverlässig unterstützenden Netzwerken eine besondere Rolle, die aus An- und Zugehörigen, Ehrenamtlichen sowie Akteuren der Gesundheits- und Pflegeversorgung, einschließlich der Pflegeeinrichtungen bestehen. Dadurch könnten pflegebedürftige Menschen so lange wie möglich in der gewohnten Umgebung versorgt werden, hieß es.

Voraussetzung für die Umsetzung von neuen Lösungen sei eine deutlich engere Kooperation zwischen Kommunen, Kranken- und Pflegekassen. Reimann: "Die Pflege vor Ort leidet unter getrennten Zuständigkeiten. Gebraucht werde eine Zusammenarbeit, die schon bei der Infra- und Sorgestrukturplanung beginne und die das Wissen der Kranken- und Pflegekassen zu den Bedarfslagen der Menschen vor Ort so früh wie möglich berücksichtige.

Örtliche Bedarfe besser berücksichtigen

Auch die Zulassung der Leistungsanbieter soll den AOK-Überlegungen zufolge auf einer gemeinsamen Planungsgrundlage beruhen. Bislang können bei der Zulassung keine örtlichen Bedarfe berücksichtigt werden, hieß es.

Flexibilisierung des Leistungsrechts: Individuelle Budgets: Um die Selbstbestimmung der Pflegebedürftigen zu stärken, schlägt die AOK eine Flexibilisierung des Leistungsrechts in der Form vor, dass die bisherigen Leistungsansprüche in ein Basisbudget (Geldleistung) und ein Sachleistungsbudget zusammengefasst werden. Dieses soll unabhängig vom Ort der Leistungserbringung (aber abhängig vom Pflegegrad) genutzt werden können. Dazu fordert die AOK die Aufhebung der Sektorengrenzen zwischen ambulanter und stationärer Pflege.

Prävention als Ziel einer nachhaltigen Pflegepolitik: Das Positionspapier betont auch die Notwendigkeit von mehr Prävention sowohl vor als auch bei bereits eingetretener Pflegebedürftigkeit. Der AOK-Bundesverband schlägt unter anderem vor, die Kurzzeitpflege in einen Vollleistungsanspruch im Sinne einer ressourcenorientierten pflegerisch-therapeutischen Präventionspflege umzuwandeln, sodass mehr Menschen länger selbstbestimmt leben können. Auch evidenzbasierte digitale Unterstützungsangebote wie beispielsweise Systeme, die Stürze automatisch erkennen, sollen dazu beitragen, dass Menschen länger zu Hause leben können.

Vorschläge zur Finanzierung: Um die Finanzierungslücke zu schließen und das bestehende Leistungsniveau im Teilleistungssystem der SPV zu erhalten, spricht sich die AOK für einen Finanzierungsmix aus. Zur Entlastung der Beitragszahlenden soll ein dauerhaft zweckgebundener, dynamisierter Bundesbeitrag zum Ausgleich versicherungsfremder Leistungen eingeführt werden, insbesondere für die Rentenversicherungsbeiträge von pflegenden Angehörigen und für die Ausbildungskosten von Pflegepersonen. Zur Begrenzung der stationären Eigenanteile sollen die Bundesländer ihrer finanziellen Verantwortung zur Übernahme der Investitionskosten nachkommen.

Zudem spricht sich die AOK für die jährliche Dynamisierung der Teilleistungen der SPV aus. Diese soll, ähnlich wie in der Rentenversicherung, auf einem regelgebundenen Automatismus im Rahmen der steigenden Beitragseinnahmen durch Bruttolohnzuwächse aufsetzen. Eine weitere Forderung besteht darin, den Kapitalstock im bereits etablierten Pflegevorsorgefonds auszubauen. Dafür sollen zusätzlich zu den bereits eingebrachten Beitragszahlungen auch Steuermittel investiert werden.

Dirk Baas