Darmstadt (epd). Ein sechsjähriger Grundschüler mit einem schwer einstellbaren Diabetes Typ 1 kann von der Krankenkasse die Kostenübernahme für eine Schulbegleitung verlangen. Die Beobachtung des Kindes und ein gegebenenfalls schnelles Eingreifen der Schulbegleitung stellt eine von der Krankenkasse zu übernehmende Form der Behandlungspflege dar, entschied das Sozialgericht Darmstadt in einem am 25. Juli veröffentlichten Beschluss. Das Gericht gab damit dem Antrag des Schülers auf einstweilige Anordnung statt.
Im konkreten Fall ging es um einen sechsjährigen Grundschüler mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 40 und dem Merkzeichen „H“ für hilflos. Der Junge ist an einem Diabetes Typ 1 erkrankt und mit einer Insulinpumpe und einem Blutzuckermesssystem versorgt. Weil die Blutzuckerwerte jedoch sehr stark schwanken und der Glukosewert schwer einstellbar ist, wurde ihm im behandelnden Uniklinikum eine Schulbegleitung zur Sicherung der Insulintherapie verordnet. Aktuell wird das Kind von seiner Mutter begleitet.
Die Krankenkasse des Schülers holte zunächst eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes ein und lehnte dann die Kostenübernahme für eine Schulbegleitung ab. Bei Unwohlsein könne sich der Schüler ja melden, so die Argumentation. Dann könne das Lehrerpersonal auf Notsituationen adäquat reagieren.
Das Sozialgericht entschied jedoch, dass die Kasse bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens die Kosten für eine Schulbegleitung übernehmen muss. Es handele sich hier um eine Behandlungspflege, die für den Erfolg der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. Bei dem Schüler könne es jederzeit zu schwankenden Blutzuckerwerten und der Gefahr einer Unterzuckerung kommen, die durch die schnelle Verabreichung von Kohlenhydrateinheiten behoben werden könne.
Weder könne der Mutter aufgegeben werden, ihr Kind stets in die Schule zu begleiten, noch könne von den Lehrern verlangt werden, dass sie ohne Vernachlässigung der übrigen Kinder die Blutzuckerkontrolle des Sechsjährigen übernehmen. Zwar sei der Junge mit einem Messsystem und einer Insulinpumpe ausgestattet. Da er aber noch nicht richtig die Blutzuckerwerte ablesen könne und auch unvorhergesehene Situationen auftreten könnten, benötige er bei der Blutzuckerüberwachung Hilfe.
Az.: S 10 KR 423/23 ER