Hannover (epd). Die Diakonie in Niedersachsen fordert zum Schulstart der neuen Erstklässler mehr staatliche Hilfen für Familien mit wenig Geld. „Die Leistungen müssen dringend angepasst werden, vor allem vor dem Hintergrund der Inflation“, sagte die langjährige Sozialberaterin und Bereichsleiterin Birgit Wellhausen dem Evangelischen Pressedienst (epd). Es gehe darum, Familien mit wenig Einkommen zu entlasten und Kindern unabhängig vom Geldbeutel der Eltern einen guten Start ins Schulleben zu ermöglichen.
In Niedersachsen werden am 10. August rund 82.000 Jungen und Mädchen eingeschult. „Der Schulanfang stellt für jede Familie eine finanzielle Belastung dar“, sagte Wellhausen. Eltern müssten dabei mit Kosten zwischen 200 bis 600 Euro rechnen.
Familien, die Bürgergeld beziehen, können zum Schulstart für ihre Kinder jährlich Leistungen für Bildung und Teilhabe beantragen. Zu Beginn eines Schuljahrs erhalten sie pro Kind zunächst 130 Euro und dann im zweiten Halbjahr noch einmal 65 Euro.
„Für Familien, die wenig Geld zur Verfügung haben, ist das eine fast unlösbare Aufgabe.“ Vom Schulranzen über Hefte und Bastelsachen bis hin zu Sportschuhen, Schulbüchern, Trinkflaschen oder Brotdosen müsse alles neu angeschafft werden.
Und in jüngster Zeit sei alles teurer geworden - so hätten sich die Preise für Zeichenblöcke und Hefte 2023 um 13,6 Prozent erhöht. Zusätzlich kämen von den Schulen häufig noch Listen mit weiteren Materialien. Zwar könnten Eltern beim Schulstart sparen und manches weglassen. „Aber das sind dann die schönen Dinge, die die Einschulung zu einem einmaligen Erlebnis machen wie die Schultüte.“
Wenn Kinder an der Schule schlechter ausgerüstet seien als andere, sei dieser Mangel für die Mitschüler sichtbar und auch für sie selbst spürbar, sagte Wellhausen: „Sie merken: Ihnen fehlt etwas, und das versuchen sie oftmals zu kompensieren. “Das bedeutet eine enorme Anstrengung, und diese Energie fehlt diesen Kindern dann häufig für das Lernen. Damit sind die Startbedingungen für die Kinder nicht gleich."
Stark betroffen seien Alleinerziehende, erläuterte Wellhausen. Bei ihnen sei die Armutsgefährdungsquote besonders hoch. In Niedersachsen liege sie bei mehr als 40 Prozent. Wellhausen riet betroffenen Familien, sich von Experten beraten zu lassen, auf welche staatlichen Leistungen sie Anspruch hätten. „Nicht alle Leistungen sind den Familien bekannt.“ Und die Antragstellung sei kompliziert, da manche Verfahren voneinander abhingen und in einer bestimmten Reihenfolge beantragt werden müssten.