sozial-Recht

Oberverwaltungsgericht

Autofahrerin darf am Steuer keinen Gesichtsschleier tragen



Münster, Neuss (epd). Eine muslimische Autofahrerin darf am Steuer eines Fahrzeugs keinen Gesichtsschleier tragen. Dies entschied das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht (OVG) am 5. Juli in Münster und lehnte damit die Berufung einer Muslima aus Neuss teilweise ab, die aus religiösen Gründen beim Führen eines Kraftfahrzeugs ihr Gesicht mit Ausnahme eines Sehschlitzes mit einem Gesichtsschleier in Form eines Niqab bedecken möchte. Die OVG-Richter räumten allerdings ein, dass in Einzelfällen Ausnahmegenehmigungen erteilt werden könnten.

Der 8. Senat des OVG erklärte, dass die im Jahr 2017 in Kraft getretene Regelung der Straßenverkehrsordnung, laut der Kraftfahrzeugführer ihr Gesicht nicht verhüllen oder verdecken dürfen, verfassungsgemäß sei.

Identität muss erkennbar sein

Das Verhüllungs- und Verdeckungsverbot des Fahrers oder der Fahrerin verfolge das Ziel, die Identität von Kraftfahrzeugführern bei automatisierten Verkehrskontrollen zu gewährleisten, um diese bei Verkehrsverstößen heranziehen zu können. Außerdem schütze es die Rundumsicht des Kraftfahrzeugführers. Mit dieser Zielrichtung diene es dem „Schutz hochrangiger Rechtsgüter“ anderer Verkehrsteilnehmer. „Ein allgemeiner Vorrang der Religionsfreiheit vor diesen Rechtsgütern besteht nicht“, erklärte das Gericht.

Auch eine muslimische Autofahrerin habe deshalb keinen Anspruch auf Befreiung vom Verhüllungsverbot am Steuer, hieß es. Allerdings gab das Gericht der Klägerin insofern recht, als die Bezirksregierung Düsseldorf in dem Fall noch einmal über einen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung entscheiden muss. So habe die Behörde bei ihrer Ablehnung der Genehmigung das ihr eingeräumte Ermessen „bislang nicht fehlerfrei ausgeübt“, hieß es. Bei ihrer Entscheidung habe die Bezirksregierung die Religionsfreiheit nicht hinreichend mit den für das Verbot sprechenden Belangen abgewogen, unterstrich das OVG.

Der Senat hat eine Revision nicht zugelassen. Dagegen kann Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt werden.

Az.: 8 A 3194/21