Brüssel (epd). Nach der Einigung auf eine Verschärfung des EU-Asylrechts hat die EU-Kommission einen umfassenden Plan für die Umsetzung des Gesetzespaketes für die kommenden zwei Jahre vorgelegt. Die Reform umfasse Tausende von Seiten, sie zum Leben zu erwecken, sei eine „Herkulesaufgabe“, sagte EU-Kommissar Margaritis Schinas am 12. Juni in Brüssel. Als Hilfestellung lege die Kommission einen Arbeitsplan für die Umsetzung vor und unterstütze die Staaten mit zusätzlichen 3,6 Milliarden Euro allein aus dem Haushalt der EU-Generaldirektion für Migration und Inneres.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) begrüßte den Plan der EU-Kommission für die Umsetzung der EU-Asylreform. „Deutschland wird sehr, sehr schnell mit umsetzen“, betonte Faeser am 13. Juni am Rande eines Treffens der EU-Innenministerinnen und -minister in Luxemburg. Sie sei fest überzeugt, dass die Umsetzung der Reform in zwei Jahren abgeschlossen werden könne. „Ich sehe den Willen aller Mitgliedsstaaten, dort schnell voranzukommen.“
Nach der Einigung auf eine Verschärfung des EU-Asylrechts hatte die EU-Kommission am 12. Juni einen umfassenden Plan für die Umsetzung des Gesetzespaketes für die kommenden zwei Jahre vorgelegt. Am Donnerstag legte sie diesen den EU-Staaten vor. Auf dieser Grundlage sollen diese dann bis Dezember nationale Umsetzungspläne vorlegen.
Deutsche Regierungsberater haben ihre Bedenken gegen die geplante Auslagerung von Asylverfahren an die Außengrenzen der Europäischen Union öffentlich gemacht. Der Vorsitzende des Sachverständigenrats für Integration und Migration, Hans Vorländer, erklärte am 13. Juni in Berlin, die bisherigen Vorschläge würfen „erhebliche politische, juristische und operative Fragen“ auf. Offen sei vor allem, wie sichergestellt werde, dass Asylbegehrende an der Grenze nicht zurückgewiesen werden dürfen. Das Prinzip der Nichtzurückweisung ist Bestandteil der Genfer Flüchtlingskonvention.
Maßgeblich für die Auslagerung von Asylverfahren ist Vorländer zufolge, dass die menschen- und asylrechtlichen Standards gewahrt werden. Die Suche nach Partnerstaaten gestalte sich deshalb außerordentlich schwierig, erklärte er. Asylverfahren könnten nur dann in einen Drittstaat verlagert werden, wenn dort politische Stabilität herrsche und es sich um einen Verfassungs- und Rechtsstaat handele, der über eine funktionierende Versorgungs- und Bildungsinfrastruktur verfügt. Zudem warnte er vor einer „allzu großen politischen Abhängigkeit von Drittstaaten“.
Vorländer und der stellvertretende Vorsitzende des Sachverständigenrats, Winfried Kluth, nahmen nach eigenen Angaben im Rahmen eines Sachverständigenaustauschs im Bundesinnenministerium Stellung zu Überlegungen, Asylverfahren in sichere Drittstaaten auszulagern. Die Bundesregierung hatte den Bundesländern im vergangenen November bei der Ministerpräsidentenkonferenz zugesagt, zu prüfen, ob angesichts der hohen Zahl Asylsuchender der Schutzstatus von Flüchtlingen auch in Ländern außerhalb der EU geprüft werden könnte.
Nach jahrelangen Verhandlungen hatte die EU die umstrittene Reform des EU-Asylsystems im Mai final beschlossen. Das Gesetzespaket enthält zehn Bausteine und sieht unter anderem vor, dass Asylsuchende mit geringer Bleibechance schneller und direkt von den EU-Außengrenzen abgeschoben werden. Dahinter stehen die sogenannten Grenzverfahren. Geplant ist außerdem ein Solidaritätsmechanismus zur Verteilung von Schutzsuchenden. Wollen Staaten keine Flüchtlinge aufnehmen, können sie auch finanzielle Hilfe leisten.
Die EU-Asylreform ist am 10. Juni in Kraft getreten. Die EU-Staaten müssen sie bis zum 11. Juni 2026 umsetzen. Die Kommission will die Fortschritte bei der Umsetzung der Reform genau überwachen und dem Europäischen Parlament und dem Rat, dem Gremium der Staats- und Regierungschefs, regelmäßig Bericht erstatten.
Formal enthalte die Reform keine Vorgaben zur Zusammenarbeit mit Drittstaaten außerhalb der EU. Die Kommission halte diese „externe Dimension“ der Migrationspolitik aber für einen fundamentalen Bestandteil des europäischen Migrationssystems, sagte Schinas. Die aktuelle Kommission habe in dieser Hinsicht einen Paradigmenwechsel angestoßen.
Dem sogenannte „Ruanda-Modell“ der britischen Regierung zur Auslagerung von Asylverfahren erteilte er dagegen eine Absage. Das Modell sei nicht vereinbar mit europäischem Recht. „Das ist eine Linie, von der ich mir wünsche, dass die EU sie nicht übertritt. Wir sind eine EU der Werte und das definiert uns“, sagte Schinas.
Einige EU-Staaten haben bereits angedroht, die neuen Regeln der EU-Asylreform nicht umsetzen zu wollen, etwa die neue rechte Regierung um Geert Wilders in den Niederlanden. Die Verhandlungen seien beendet und die Reform gültiges EU-Recht, betonte Schinas. „Wir sind zuversichtlich, dass die Umsetzung funktioniert.“