sozial-Recht

Bundesverfassungsgericht

Behörden müssen Auslieferung bei Suizidalität genau prüfen



Karlsruhe (epd). Mit einer Verfassungsbeschwerde hat sich ein suizidgefährdeter türkischer Staatsangehöriger gegen seine Auslieferung in die Türkei gewehrt. Der Mann sei durch die Auslieferungsbeschlüsse in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz verletzt worden, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am 4. Juni veröffentlichten Beschluss. Das vorinstanzliche Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig habe den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers nicht ausreichend aufgeklärt und muss dies jetzt erneut prüfen.

Der Kläger war den Angaben zufolge in der Türkei wegen Diebstahls in mehreren Fällen zu einer mehrjährigen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt worden und deshalb in Deutschland in Auslieferungshaft gekommen. Ende Januar 2023 versuchte der Beschwerdeführer, sich das Leben zu nehmen, und fügte sich dabei schwere Verletzungen zu, die seitdem ständiger ärztlicher Behandlung bedürften.

Mit Beschlüssen vom 13. März 2023 und 1. November 2023 erklärte das OLG Braunschweig die Auslieferung des Beschwerdeführers zur Strafvollstreckung an die Republik Türkei für zulässig. Seine Suizidalität stehe dem nicht entgegen.

Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts verletzt dies jedoch den Kläger in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz. Unter Berücksichtigung der eindringlichen Warnung von vier Ärzten hätte das Risiko für einen weiteren Suizidversuch geprüft werden müssen.

Az.: 2 BvR 1694/23