sozial-Recht

Landessozialgericht

Externer Arzt in Klinik kann auch selbstständig sein



München (epd). Die Beschäftigung eines externen, niedergelassenen Arztes in einer Klinik muss nicht immer eine sozialversicherungspflichtige, abhängige Beschäftigung sein. Ausnahmsweise kann eine selbstständige Tätigkeit vorliegen, wenn Ärztinnen und Ärzte einer Gemeinschaftspraxis nach einem Kooperationsvertrag mit der Klinik dort nur ihre eigenen Patientinnen behandeln, entschied das Bayerische Landessozialgericht (LSG) in einem am 29. Mai veröffentlichten Urteil. Dabei komme es immer auf den Einzelfall an, welche Indizien für eine abhängige oder selbstständige Tätigkeit sprechen, erklärten die Münchener Richter, die die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) in Kassel zugelassen haben.

Für jeden Eingriff eine Pauschale

Anlass des Rechtsstreits ist ein Kooperationsvertrag zwischen einer Frauenklinik und einer gynäkologischen Gemeinschaftspraxis in München. Bei der Praxis handelt es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), in der drei Ärzte Gesellschafter sind.

Da die Arztpraxis über keinen Operationsraum verfügt, hatte sie mit der Frauenklinik vereinbart, dass die Praxisärzte einen Klinik-OP-Raum für die Behandlung ihrer Patientinnen nutzen können. Laut Kooperationsvertrag rechnete die Klinik die Operationen mit den Krankenkassen ab. Von den Kassenzahlungen erhielt die GbR eine für jeden Eingriff ausgehandelte Pauschale, mindestens aber 19 Prozent.

Die klagende Frauenklinik und der beigeladene GbR-Gesellschafter und Gynäkologe beantragten bei der Deutschen Rentenversicherung die Prüfung, ob es sich bei seiner Tätigkeit in der Klinik um eine abhängige Beschäftigung handele. Sie führten an, dass zwischen ihnen kein Vertragsverhältnis bestehe. Es gebe nur den Kooperationsvertrag zwischen der Klinik und der GbR.

Keine Weisungen von der Klinik

Die Rentenversicherung stufte die Tätigkeit des Gynäkologen im Krankenhaus als abhängige Beschäftigung ein. Der Arzt sei in die Klinikorganisation eingebunden und werde bei der Behandlung als „Erfüllungsgehilfe“ für das Krankenhaus tätig.

Das LSG urteilte, dass ausnahmsweise keine abhängige Beschäftigung, sondern eine selbstständige Tätigkeit vorliege. Zwar habe das BSG am 4. Juli 2019 entschieden, dass eine Honorartätigkeit im Krankenhaus selbst in geringem Umfang regelmäßig eine abhängige Beschäftigung sei (Az.: B 12 R 2/18 R).

Hier sei eine solche Ausnahme gegeben. Laut Kooperationsvertrag und den tatsächlichen Verhältnissen könnten dem Arzt keine Weisungen von der Klinik erteilt werden. Die Ärzte der GbR würden nur ihre eigenen Patientinnen behandeln. Die Klinik habe kein Mitbestimmungsrecht, welcher Arzt wann die Operation durchführe.

Die Vergütung durch die Krankenkassen könne dem Arzt nicht zugeordnet werden. Sie werde pauschal an die GbR gezahlt. Zudem trage der Gynäkologe als Gesellschafter der GbR ein unternehmerisches Risiko. Insgesamt weise dies alles auf einen beitragsfreie, selbstständige Tätigkeit hin, urteilte das LSG.

Az.: L 7 BA 77/22