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Bildung

Experten sehen Einsatz von Rentnern in Kitas skeptisch



Osnabrück (epd). Bildungsexperten sehen die zunehmende Öffnung von Kindertagesstätten für nicht ausgebildete Hilfskräfte skeptisch. Sowohl Quereinsteiger als auch vorübergehend eingesetzte Hilfskräfte wie Rentner oder Eltern dürften in der Kinderbetreuung keinesfalls ohne Qualifizierungen eingesetzt werden, sagte Karsten Herrmann, stellvertretender Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft Bildung und Erziehung in der Kindheit, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Grundkenntnisse etwa in Entwicklungspsychologie, Pädagogik und Kinderschutz seien unerlässlich: „Es sollte nicht der Eindruck entstehen, jeder könne im Prinzip in einer Kita mit Kindern arbeiten.“

Zuletzt hatte der niedersächsische Städte- und Gemeindebund den Einsatz von Eltern und Rentnern gefordert, damit Träger ihre Kitas trotz des Fachkräftemangels über eine Kernzeit von vier Stunden hinaus offenhalten könnten. Herrmann betonte, er sehe durchaus das Dilemma, in dem die Kitas steckten. Deshalb sei es grundsätzlich zu begrüßen, wenn die Träger nach kreativen Lösungen suchten. „Gerade für Kinder aus bildungsfernen und sozial benachteiligten Familien ist der Kita-Besuch wichtig.“

Aushilfen bieten keine Kontinuität

Andererseits biete der vorübergehende Einsatz von Aushilfskräften, selbst wenn sie weitergebildet würden, keine Kontinuität, sagte Herrmann, kommissarischer Geschäftsführer des Niedersächsischen Instituts für frühkindliche Bildung und Entwicklung (nifbe) mit Sitz in Osnabrück: „Kinder können kein Vertrauen und keine Bindung aufbauen, wenn Eltern oder Rentner nur wenige Stunden pro Woche in der Kita arbeiten.“ Zudem hätten wissenschaftliche Studien bewiesen, dass benachteiligte Kinder nur von qualitativ hochwertigen Angeboten in den Kitas profitierten. "Nur dann können sie Rückstände aufholen. Wenn sie nur betreut werden, drohen sie weiter zurückzufallen.

Zugleich kritisierte Herrmann das drohende Aus für die finanzielle Unterstützung der Kitas durch den Bund. Die Hinweise verdichteten sich, dass das Kita-Qualitätsgesetz anders als geplant über 2024 hinaus nicht weitergeführt werde. Die Bundesregierung hatte für das vergangene und das laufende Jahr vier Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Ein Wegfall des Geldes in den kommenden Jahren werde die Situation für die Kitas weiter verschlechtern, sagte Herrmann.

Der Staat müsse aufhören, ständig Notreparaturen am Kita-System vorzunehmen, sagte Herrmann. Er müsse mehr Geld in die Hand nehmen und jetzt die Weichen stellen, um den Beruf und die Ausbildung attraktiver zu machen. So sollten etwa Karrierechancen für Fachkräfte eröffnet werden. Das Kita-Personal müsse von fachfremden Aufgaben wie Verwaltung und Hauswirtschaft entlastet werden.

Martina Schwager