München (epd). Eine gesunde Frau mit Kinderwunsch kann die selbst getragenen Kosten für eine sogenannte Präimplatationsdiagnostik (PID) mit nachfolgender künstlicher Befruchtung als außergewöhnliche Belastung steuermindernd geltend machen. Das ist zumindest dann der Fall, wenn ihr Partner über eine Genmutation verfügt, sodass bei einem auf natürlichem Weg gezeugten Kind ein besonders hohes Risiko für eine schwerste Behinderung besteht, entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in München in einem am 10. Mai veröffentlichten Urteil.
Geklagt hatte eine unverheiratete, gesunde Frau mit Kinderwunsch aus Niedersachsern. Ihr Partner wies allerdings eine Chromosomenmutation auf, sodass bei einer natürlichen Schwangerschaft das Kind mit hoher Wahrscheinlichkeit schwer behindert oder möglicherweise nicht überlebensfähig sein wird.
Nach einer humangenetischen Beratung an einer Universitätsklinik bestätigten dort die Ärzte, dass mithilfe einer PID und einer nachfolgenden künstlichen Befruchtung allein die auf diese Weise gezeugten gesunden Embryonen in die Gebärmutter der Frau eingesetzt werden könnten. Nach weiterer Beratung in einem Kinderwunschzentrum stimmte die PID-Kommission der zuständigen Ärztekammer einer künstlichen Befruchtung mit PID zu.
Die Kosten der Behandlung in Höhe von knapp 23.000 Euro wurden der Frau in Rechnung gestellt, zum größeren Teil aber von ihrem Partner bezahlt. In ihrer Steuererklärung machte sie dennoch die volle Summe als außergewöhnliche Belastungen geltend.
Das Finanzamt erkannte das nicht an. Krankheitsbedingte Kosten seien nur steuermindernd zu berücksichtigen, wenn diese auf eine eigene Erkrankung zurückgehen. Hier sei die Frau aber gesund gewesen. Nur ihr Partner habe die Chromosomenmutation aufgewiesen, so die Behörde.
Der BFH urteilte nun aber, dass die Klägerin die von ihr selbst bezahlten Kosten in Höhe von 9.345 Euro als außergewöhnliche Belastung steuermindernd geltend machen kann. Inwieweit der Mann die von ihm getragenen Kosten steuermindernd geltend machen könnte, hatte der BFH jetzt nicht zu entscheiden.
Zwar seien die Behandlungen erfolgt, um eine durch Krankheit beeinträchtigte körperliche Funktion ihres Partners auszugleichen. „Wegen der biologischen Zusammenhänge“ seien die Behandlungsschritte zwangsläufig auch bei der gesunden Klägerin entstanden. In solch einem Fall sei ausnahmsweise eine Steuerminderung für die bei der Klägerin angefallenen Kosten möglich.
Gleiches gelte für den Umstand, dass das Paar nicht verheiratet war. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Behandlung, insbesondere des Embryonenschutzgesetzes, seien erfüllt gewesen, betonte der BFH.
Az.: VI R 2/22