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Diakonie-Chef Schuch will keine Rechtsextremisten als Beschäftigte




Rüdiger Schuch
epd-bild/Hans Scherhaufer
Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch hat in einem Interview über Beschäftigte in diakonischen Einrichtungen gesagt: "Wer sich für die AfD einsetzt, muss gehen." Aber so einfach ist es nicht. Darüber gibt es nun eine Debatte.

Berlin (epd). Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch hat versucht, einer Äußerung über die AfD Schärfe zu nehmen, zugleich aber deutlich gemacht, dass Extremismus bei Diakonie-Beschäftigten nicht geduldet wird. Damit reagierte er am 30. April in Berlin auf Reaktionen nach einem Interview, das er den Zeitungen der Funke Mediengruppe gegeben hatte. Schuch hatte erklärt, AfD-Parteigänger, die sich menschenfeindlich äußern, sollten nicht bei Einrichtungen der evangelischen Wohlfahrt arbeiten: „Wer sich für die AfD einsetzt, muss gehen.“

Arbeitsrechtler erklärten, die Mitgliedschaft und das Engagement für eine Partei seien kein Kündigungsgrund. Es könne aber Fälle geben, in denen Beschäftigten mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen müssten.

Bislang kein Fall einer Entlassung bekannt

Der Diakonie-Präsident hatte erklärt, wer in die AfD eintrete oder für sie kandidiere, identifiziere sich mit der Partei. „Wer zum Beispiel Zuwanderer als bedrohliche Menschenmasse bezeichnet, hat bei der Diakonie keinen Platz. Oder: Wenn behinderte Menschen bei uns das Gefühl haben, die Mitarbeiter würden sie abwerten, dann muss man sich von solchen Beschäftigten trennen“, sagte er den Funke-Zeitungen. Bislang sei der Diakonie Deutschland jedoch kein Fall einer Entlassung in diesem Zusammenhang bekannt.

Den Beschäftigten müsse zunächst in Gesprächen deutlich gemacht werden, dass für menschenfeindliche Äußerungen in Diakonie-Einrichtungen kein Platz sei. „Aber wenn das nichts ändert, muss es arbeitsrechtliche Konsequenzen geben“, sagte der Diakonie-Präsident den Funke-Zeitungen. Er begründete seine Haltung mit dem Schutz der Menschen, die sich der Diakonie anvertrauen. Sie müssten sich sicher fühlen können, erläuterte Schuch im Verlauf des Tages auf Nachfrage. Viele kämen aus verletzlichen Gruppen, etwa Menschen mit Behinderungen, Pflegebedürftige oder Geflüchtete.

Joussen: Parteimitgliedschaft kein Kündigungsgrund

Der Bochumer Arbeitsrechtler und Experte für kirchliches Arbeitsrecht, Jacob Joussen, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), allein aus einer Parteimitgliedschaft könnten keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen folgen. „Weder darf der Arbeitgeber danach fragen, noch ist eine Parteimitgliedschaft ein Kündigungsgrund“, erklärte er. Es drohten auch keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen, wenn der Beschäftigte für eine Partei zu einer Wahl antritt oder für sie wirbt, so Joussen. Eine Grenze werde aber möglicherweise überschritten, wenn ein Mitarbeiter, der eindeutig der Kirche zuzuordnen ist, etwa auf einer Veranstaltung gegen Ausländer hetze und damit die Grundwerte seines Dienstgebers und seine Loyalitätspflichten verletze. Dies sei im Einzelfall zu prüfen.

Der Verband der Diakonischen Dienstgeber (VdDD) erklärte, es gehe darum, ob Beschäftigte mit ihren Äußerungen oder Aktivitäten das christliche Menschenbild in Frage stellten oder verletzten. Ein Sprecher des Verbandes sagte dem epd, wenn dies der Fall sei, müsse nach dem kirchlichen Arbeitsrecht das Gespräch gesucht werden. Ändere die Person ihr Verhalten nicht, seien arbeitsrechtliche Schritte möglich.

Caritas berät noch über ihr Vorgehen

Auf Anfrage erklärte der Deutsche Caritasverband, derzeit berate eine Arbeitsgruppe aus Vertreterinnen und Vertretern des Verbandes mit Verantwortlichen der deutschen Bistümer über konkrete arbeitsrechtliche Fragen, die sich aus extremistischen, rassistischen oder anderweitig menschenfeindlichen Positionen von Mitarbeitenden ergeben könnten.

Die Diakonie Deutschland ist der Bundesverband der Diakonischen Werke der evangelischen Landes- und Freikirchen sowie von Fachverbänden. Zur Diakonie gehören rund 33.000 Einrichtungen wie Pflegeheime, Krankenhäuser, Kindertagesstätten, Beratungsstellen und Sozialstationen mit rund 627.000 Beschäftigten und etwa 700.000 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern.

Bettina Markmeyer, Karsten Frerichs