sozial-Politik

Erziehung

Interview

Sozialpädagogin: "Gewalt hinterlässt immer Spuren"




Uta Weber
epd-bild/medio.tv/Schauderna
Am Tag der gewaltfreien Erziehung am 30. April drehte sich alles um die Prävention und eine bessere Aufklärung über das Thema. Die Sozialpädagogin Uta Weber betont im epd-Interview: "Alle Formen von Gewalt können eine fatale Wirkung haben. Jede Form von Gewalt hat in der Erziehung nichts zu suchen und ist mit nichts zu rechtfertigen."

Kassel (epd). Viele Menschen in Deutschland halten körperliche Bestrafung in der Erziehung immer noch für richtig, wie eine repräsentative Studie zeigt, an der sich der Kinderschutzbund beteiligt hat. Die Sozialpädagogin und Referatsleiterin der Fachberatung Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder in der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Uta Weber, warnt eindringlich vor den Folgen. Die Fragen stellte Helga Kristina Kothe.

epd sozial: Frau Weber, wie wird gewaltfreie Erziehung definiert?

Uta Weber: Es bedeutet, dass Eltern keine Gewalt gegenüber Kindern anwenden dürfen. Gewaltfreie Erziehung basiert auf gegenseitigem Vertrauen. Vertrauen entsteht, wenn das Gegenüber mich und meine Art zu reagieren versteht. Nur in einer vertrauensvollen Atmosphäre können Kinder gesund aufwachsen.

epd: Körperliche und sexualisierte Gewalt sind augenscheinlich. Welche Macht haben Sprache, abwertende Bemerkungen, Liebesentzug, Kontrollzwang oder andere Formen emotional übergriffigen Verhaltens?

Weber: In der Tat, bei Kinderschutz und Kindeswohl denken die meisten erstmal an körperliche und sexualisierte Gewalt. Alle Formen von Gewalt können eine fatale Wirkung haben. Gerade die vermeintlich kleinen und versteckten Übergriffe im Alltag werden oft übersehen und heruntergespielt. Jede Form von Gewalt hat in der Erziehung nichts zu suchen und ist mit nichts zu rechtfertigen.

epd: Wie beeinflusst Gewalt die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen?

Weber: Die Auswirkungen von Gewalt wirken sich bei jedem Kind anders aus. Grundsätzlich sind die Folgen von Gewalt in der Erziehung bei jungen Kindern am gravierendsten und können sich auf das gesamte Leben deutlich auswirken. Ganz kleine Kinder haben keine Möglichkeiten, sich vor Gewalt zu schützen.

epd: Wie kann es gelingen, andere dafür zu sensibilisieren, hinzusehen, zu handeln und Hilfe zu holen?

Weber: Genau so, wie wir es gerade tun. Das Thema immer wieder in die Öffentlichkeit tragen und ein Bewusstsein für Gewalt schaffen, an dem schwierigen Thema zu rütteln und hierüber Menschen bewegen, nicht wegzuschauen, sondern genauer hinzuschauen, wenn im eigenem Umfeld Gewalt geschieht. Es muss ein Bewusstsein dafür entstehen, welche Folgen schon allein ständiges Anschreien für Kinder haben kann. Gewalt hinterlässt immer Spuren, auch wenn diese für uns nicht immer sichtbar sind.

epd: Welche Anlaufstellen gibt es für Kinder, die Hilfe brauchen und für Erwachsene, die helfen wollen?

Weber: Grundsätzlich beraten und informieren die Jugendämter vor Ort. Auf der Website des Fachverbands der Beratungsstellen kann online nach einer Beratungsstelle in Wohnortnähe gesucht werden. Ebenso ist eine kostenfreie Onlineberatung mit ausgebildeten Fachkräften möglich.

epd: Was kann dazu beitragen, Gewalt in Kinderbetreuungseinrichtungen zu verhindern?

Weber: Kitas und Träger müssen Kinder- und Gewaltschutzkonzepte in den Kitas fest etablieren und einen sicheren Umgang mit der Meldung und Bearbeitung von Kinderschutzfällen haben. Wir als Referat Fachberatung bieten hierzu kontinuierliche Prozessbegleitung an und können bedarfsorientiert unterstützen.