Mainz (epd). Ein abgelehnter Stellenbewerber kann wegen einer vermuteten Diskriminierung allein aufgrund seines fremdländischen Aussehens und möglicher muslimischer Religionszugehörigkeit keine Entschädigung verlangen. Der Arbeitnehmer muss konkrete Indizien vorlegen, dass er wegen seiner Herkunft oder der Religionszugehörigkeit „mit überwiegender Wahrscheinlichkeit“ benachteiligt wurde, hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz in Mainz in einem jetzt veröffentlichten Urteil entschieden. Es sei zudem kein Hinweis auf eine tatsächlich erfolgte Diskriminierung, dass das für die Bewerbungen zuständige Auswahlgremium „ethnisch deutsch“ zusammengesetzt war, befand das Gericht.
Der Kläger hatte sich 2021 auf eine Abteilungsleiterstelle im Logistikbereich beworben. Dabei gab er unter anderem an, Arabisch als Umgangssprache zu beherrschen. Ein Foto fügte er der Bewerbung nicht bei.
Als der Mann in die engere Auswahl kam, wurde er von einem vierköpfigen Auswahlgremium der Firma in Videogesprächen befragt. So wurde nach der tunesischen Herkunft seiner Eltern und nach seinen Arabischkenntnissen gefragt. Alle Mitglieder des Gremiums lehnten den Stellenbewerber dann jedoch ab. Sie begründeten das Votum unter anderem mit seiner fehlenden Führungserfahrung.
Der Stellenbewerber führte seine Absage dagegen auf sein arabischstämmiges Aussehen zurück. Die Mitarbeiter hätten ihn „entfremdet angestarrt“. Mit den Fragen nach seiner Herkunft sei das Auswahlgremium wohl auch von einer muslimischen Religionszugehörigkeit ausgegangen. Und er gab an, dass die Bewerberin, die den Stellenzuschlag erhalten habe, nicht über den geforderten Bachelorabschluss verfügt, er aber schon.
Das Auswahlgremium sei zudem „ethnisch deutsch“ zusammengesetzt gewesen, was in seiner Augen die Wahrscheinlichkeit für ein benachteiligendes Verhalten erhöhe. Wegen der erlittenen Diskriminierung müsse ihm eine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz in Höhe von mindestens 29.750 Euro gezahlt werden.
Das LAG wies den Entschädigungsanspruch ab. Ein Stellenbewerber müsse für eine Entschädigung Indizien vortragen, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine Benachteiligung wegen der Herkunft oder der Religionsausübung belegen. Allein das arabischstämmige Aussehen oder die vermutete muslimische Religionszugehörigkeit reichten nicht.
Der Arbeitgeber habe vielmehr die Absage konkret mit seinen fehlenden Kenntnissen begründet. Dass das Auswahlgremium „ethnisch deutsch“ besetzt war, stelle ebenfalls kein Indiz für eine Benachteiligung dar, urteilte das LAG.
Eine ausreichend nachgewiesene Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft kann auch eine fristlose Kündigung begründen. Provoziert ein bereits abgemahnter Arbeitnehmer und Betriebsratsmitglied einen dunkelhäutigen Kollegen mit rassistischen nachgeahmten „Ugah, Ugah!“-Affenlauten, ist er seinen Job los, stellte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am 24. November 2020 veröffentlichten Beschluss klar. Das Recht auf freie Meinungsäußerung umfasse nicht ein die Menschenwürde verletzendes Verhalten.
Dagegen muss die Kündigung eines Beschäftigten mit schwarzer Hautfarbe in der Probezeit nicht diskriminierend sein, nur weil eine Vorgesetzte zuvor die Tätigkeiten des Beschäftigten als „Neger-Arbeiten“ bezeichnet und eine Mithilfe dabei verweigert hatte. Das LAG Hamm hatte damit eine Kündigungschutz- und Diskriminierungsklage eines aus Nigeria stammenden und in der Zentralen Ausländerbehörde der Stadt Bielefeld arbeitenden Mannes abgewiesen. Zwar sei die Äußerung der Vorgesetzten „erkennbar unangemessen“ gewesen. Die Kündigung selbst gehe aber auf Leistungsdefizite des Klägers zurück. Einen Zusammenhang zwischen den abfälligen Äußerungen und der Kündigung gebe es nicht, heißt es in dem Urteil vom 10. Januar 2019.
Az.: 8 Sa 344/22 (Landesarbeitsgericht Mainz)
Az.: 1 BvR 2727/19 (Bundesverfassungsgericht)
Az.: 11 Sa 505/18 (Landesarbeitsgericht Hamm)