Hildesheim (epd). Das katholische Bistum Hildesheim hat eine neue Aufarbeitungsstudie zur Aufdeckung von sexualisierter Gewalt ausgeschrieben. Die Erhebung solle auch andere Formen physischer und psychischer Gewalt in der Diözese in den Blick nehmen, teilte das Bistum am 8. März mit. Dabei habe sich das Bistum eng mit der Unabhängigen Aufarbeitungskommission Nord (UAK Nord) abgestimmt und den Betroffenenrat Nord einbezogen.
Ziel der Studie sei es, Taten zu benennen, Täter zu identifizieren sowie Verantwortliche und Bedingungen aufzudecken, die Taten ermöglicht oder begünstigt haben. Eine besondere Aufmerksamkeit liege zudem auf den Folgen, die Taten für Betroffene und Co-Betroffene hatten und nach wie vor haben. Das Untersuchungsvorhaben soll aus zwei Teilstudien bestehen, die den Zeitraum von 1945 bis 2024 abdecken.
„Im Bistum Hildesheim hat es über viele Jahre immer wieder Fälle von sexualisierter Gewalt gegeben, die ganz klar als Verbrechen einzustufen sind. Das hat zu unfassbarem Leid bei vielen Betroffenen geführt“, sagte Bischof Heiner Wilmer, der Auftraggeber der Studie ist. „Wir stehen heute in der Verantwortung, betroffenen Menschen zu helfen, geschehenes Unrecht aufzuarbeiten und alles dafür zu tun, dass sich so etwas nicht wiederholt. Mit der neuen Studie wollen wir nun den Blick auf die jüngere Vergangenheit und bis in die Gegenwart hinein richten.“
Im Bistum habe es mehrere Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen gegeben, in denen es sehr wahrscheinlich zahlreiche Fälle von sexualisierter Gewalt gegeben habe. Eine Teilstudie solle daher diesen Bereich in den Blick nehmen, um Strukturen herauszuarbeiten, die Gewalt ermöglicht haben. Die andere Teilstudie stellt den Angaben zufolge insbesondere die Lebensgeschichten von Betroffenen und Co-Betroffenen in den Fokus, befasst sich aber ebenso mit Tatverdächtigen und kirchlichen Systemen wie Pfarrgemeinden, in denen sexualisierte Gewalt vorgekommen ist.
Geplant sei zunächst ein Untersuchungszeitraum von zwei Jahren. Da die Studie prozesshaft angelegt sein soll und aus den Teilergebnissen neue Fragen entstehen können, ist eine Verlängerung möglich. Für die Studie bewerben können sich Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen mit sozialwissenschaftlicher, historischer, psychologischer und juristischer Kompetenz. Bewerbungsschluss ist der 30. Juni 2024.