sozial-Recht

Landessozialgericht

Einnahmen aus Photovoltaikanlage werden auf Bürgergeld angerechnet




Photovoltaikanlagen auf Dächern
epd-bild/Heike Lyding
Grundsicherungsempfänger können mit dem Betrieb einer Photovoltaikanlage und den daraus fließenden Einnahmen keine private Altersvorsorge aufbauen. Denn die Erträge aus der Stromeinspeisevergütung mindern als Einkommen laut einem Urteil die Jobcenterleistungen.

Chemnitz, Stuttgart (epd). Bürgergeld- und frühere Hartz-IV-Bezieher können mit der Investition in eine Photovoltaikanlage auf dem Dach ihres selbst bewohnten Hauses keine Rücklagen für das Alter bilden. Nur wenn Vermögen in eine echte Altersvorsorge angelegt und deren Erträge erst im Rentenalter ausgeschüttet werden, werden sie vom Jobcenter nicht mindernd angerechnet, stellte das Sächsische Landessozialgericht (LSG) in Chemnitz in einem am 14. Februar veröffentlichten Urteil klar. Das Gericht ließ die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) in Kassel zu.

Die Erträge aus der Stromeinspeisung in das allgemeine Stromnetz müssten als anzurechnendes Einkommen mindernd auf die Grundsicherungsleistungen angerechnet werden, befand das LSG. Das gilt auch dann, wenn die Solaranlage aus dem für die Altersvorsorge angesparten Vermögen finanziert wurde. Der gesetzliche Erwerbstätigenfreibetrag könne nicht für die Einnahmen aus dem Sonnenstrom herangezogen werden.

85.000 Euro aus Schonvermögen investiert

Im Streitfall ging es um ein Ehepaar, das vom 1. August 2011 bis zum 31. Dezember 2011 auf Hartz-IV-Leistungen, dem heutigen Bürgergeld, angewiesen waren. Das Paar lebte in einem Eigenheim. Der Ehemann wollte das für seine Altersvorsorge angesparte Vermögen gewinnbringend anlegen und ließ für über 85.000 Euro auf dem Dach eine Photovoltaikanlage mit 86 Modulen und vier Wechselrichtern installieren.

Für die Stromeinspeisung in das allgemeine Stromnetz erzielte er in den Monaten August und September 2011 umsatzsteuerpflichtige Erträge in Höhe von jeweils 519 Euro (brutto), in den Monaten Oktober bis Dezember 2011 waren es jeweils 235 Euro (brutto). Das Jobcenter wertete die Einnahmen als anzurechnendes Einkommen und minderte das auszuzahlende Arbeitslosengeld II.

Das Paar zog vor Gericht. Der Kläger argumentierte, dass die Photovoltaikanlage aus dem angesparten Schonvermögen finanziert wurde. Dieses Geld sei quasi auf das Dach gepackt worden und diene auch der Altersvorsorge. Bei den Erträgen aus der Anlage handele es sich um einen Rückfluss des eingesetzten Schonvermögens. Sie dürften daher nicht mindernd auf die Hartz-IV-Leistungen angerechnet werden, war seine Argumentation.

Stromeinspeisevergütung zählt als Einkommen

Das LSG urteilte jedoch, dass die Photovoltaikanlage zwar Vermögen darstelle. Weil aber die Einnahmen aus der Stromeinspeisevergütung während des laufenden Bezugs von Arbeitslosengeld II zugeflossen seien, seien die gesamten Bruttobeträge als Einkommen mindernd anzurechnen. Die Einnahmen aus der Solarstromerzeugung seien in etwa mit Zinserträgen aus Kapitalvermögen vergleichbar, die ebenfalls die Hartz-IV-Leistungen minderten, erklärte das Gericht.

Die Chemnitzer Richter beriefen sich auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30. September 2008. Danach müssen Zinsgutschriften aus Sparguthaben auch dann als Einkommen berücksichtigt werden, wenn es sich beim verzinsten Kapital um Schonvermögen handelt.

Einkünfte stammen nicht aus Erwerbstätigkeit

Auch lägen hier keine Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit vor, so das LSG. Denn der Kläger habe dafür nicht seine Arbeitskraft eingesetzt. Allein der Umstand, dass er durch den Betrieb der Photovoltaikanlage steuerrechtlich zum Unternehmer werde, führe nicht dazu, dass er als „Erwerbstätiger“ anzusehen sei. Daher stehe ihm nicht der monatliche Erwerbstätigenfreibetrag in Höhe von 100 Euro zu. Ziel des Erwerbstätigenfreibetrages sei es, Arbeitslose zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit zu ermutigen. Dieses Ziel werde durch den Betrieb der Photovoltaikanlage nicht erreicht, befand das LSG.

Auch hier berief sich das Gericht auf die BSG-Rechtsprechung. So hatten die obersten Sozialrichter am 27. September 2011 entschieden, dass Hartz-IV-Aufstocker bei langer Krankheit keinen Erwerbstätigenfreibetrag auf das erhaltene Krankengeld geltend machen können. Denn um den pauschalen Freibetrag beanspruchen zu können, müsse der Hilfebedürftige „aktiv erwerbstätig“ sein, was bei Krankengeldbeziehern nicht der Fall sei.

Bereits am 23. Februar 2018 hatte das LSG Baden-Württemberg in Stuttgart ebenfalls entschieden, dass Gewinne aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage grundsätzlich als Einkommen berücksichtigt werden müssen. Es handele sich hier nicht um eine Erwerbstätigkeit, für die der Erwerbstätigenfreibetrag geltend gemacht werden könne.

Az.: L 4 AS 834/17 (LSG Chemnitz)

Az.: B 4 AS 57/07 R (BSG, Zinserträge)

Az.: B 4 AS 180/10 R (BSG, Erwerbstätigenfreibetrag)

Az.: L 1 AS 3710/16 (LSG Stuttgart)

Frank Leth