Berlin (epd). Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) will in diesem Jahr die im Koalitionsvertrag vereinbarte umfangreiche Reform des Abstammungs-, Sorge- und Adoptionsrechts angehen. Wie aus am 16. Januar in Berlin veröffentlichten Eckpunkten hervorgeht, soll damit Familienformen, die nicht auf der traditionellen Ehe von Mann und Frau fußen, rechtlich Rechnung getragen werden, etwa Patchwork- oder Regenbogenfamilien. Das Familienrecht hinke dieser Realität hinterher, erklärte Buschmann. Vielen werde durch das Familienrecht das Leben unnötig schwer gemacht.
Der Justizminister stellte klar, wobei es auch künftig bleiben wird: Ein Kind soll nur zwei Eltern haben, und Mutter des Kindes ist die Frau, die es geboren hat. Es soll künftig aber unter anderem möglich sein, dass ein Kind von lesbischen Partnerinnen zwei rechtliche Mütter hat, wenn es in die Ehe geboren wird oder die Partnerin der Mutter die Mutterschaft anerkennt. Diese Regelung entspricht der bestehenden für den „Normalfall“ von verschiedengeschlechtlichen Paaren, kann nur bislang nicht auf zwei Frauen angewendet werden. Bei ihnen muss die Partnerin das Kind bislang erst adoptieren.
Zudem plant Buschmann, leiblichen Vätern die Anerkennung der Vaterschaft zu erleichtern. Das soll in Konstellationen helfen, in denen die Mutter verheiratet ist, ein anderer Mann aber Vater des Kindes ist. Bislang ist selbst bei Einigkeit aller Beteiligten ein Scheidungsantrag oder ein aufwendiges Gerichtsverfahren notwendig, um den leiblichen Vater auch zum rechtlichen Vater werden zu lassen. Künftig soll dies leichter gehen. Zudem soll die Rechtslage, die in Streitfällen derzeit den Ehemann der Mutter zulasten des leiblichen Vaters bei der Vaterschaftsanerkennung bevorteilt, geändert werden.
Buschmanns Pläne sehen für mehr Rechtssicherheit vor, dass insbesondere in Regenbogen-Familien schon vor der Geburt schriftlich vereinbart wird, wer die rechtlichen Eltern des Kindes werden. So könnten etwa ein lesbisches und schwules Paar, die durch private Samenspende ein Kind zeugen, vereinbaren, dass die leiblichen Eltern auch die rechtlichen Eltern sind. Ebenso könnte die Partnerin der Mutter rechtliches Elternteil werden, indem der leibliche Vater verzichtet.
Die Reform sieht weiter vor, dass sorgerechtliche Befugnisse, die klassischerweise allein bei den Eltern liegen, auf bis zu zwei weitere Personen erweitert werden dürfen, und Adoptionen auch nicht verheirateten Paaren ermöglicht werden. Buschmann plant auch, die Rechte der Kinder zu stärken, indem sie eigene Rechte für den Umgang mit Großeltern und Geschwistern, ein Recht auf Kenntnis der Abstammung sowie Mitbestimmungsbefugnisse in Sorge- und Umgangsrechtsfragen bekommen. Im Sorgerecht soll klargestellt werden, dass ein Familiengericht das sogenannte Wechselmodell, bei dem sich die Eltern nach der Trennung die Betreuungszeit etwa gleich aufteilen, anordnen kann, wenn es dem Kindeswohl entspricht.
Die Eckpunkte müssen von Buschmanns Ministerium noch in einen Gesetzentwurf gegossen werden. Dies soll in der ersten Jahreshälfte geschehen. Danach muss der Bundestag über die Reform beraten. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) stellte sich bereits hinter die Pläne des Kabinettskollegen. Es sei gut, „das Recht endlich den gesellschaftlichen Veränderungen anzupassen“. Das Eckpunktepapier sei eine gute Grundlage auf dem Weg „zu einer dringend erforderlichen Gesetzesreform“.
Für den Deutschen Kinderschutzbund erklärte Präsidentin Sabine Andresen, sie sehe die Initiative des Bundesjustizministers im Grundsatz positiv. „Wir begrüßen die vorgeschlagenen Regelungen zur Co-Mutterschaft ebenso wie die Möglichkeit für Kinder, die leibliche Vaterschaft prüfen lassen zu können, ohne damit die rechtliche Vaterschaft in Frage stellen zu müssen.“ Damit würden Rechtsunsicherheiten beseitigt und gleichzeitig dem Recht des Kindes auf Wissen über seine Herkunft Rechnung getragen.
Zugleich betonte die Professorin, die vorgeschlagene Regelung zum Wechselmodell dürfe nicht kommen. Es könne zwar „eine dem Kindeswohl entsprechende Lebensform für viele Familien sein. Sind Eltern nach der Trennung gut in der Lage, im Sinne des Kindes zu handeln und zu kommunizieren, kann das Wechselmodell bereichernd sein und dem Kindeswohl entsprechen. In konflikthaften Trennungssituationen aber, das belegte zuletzt ein Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats im Bundesfamilienministerium, entspricht das Wechselmodell nicht dem Kindeswohl“, sagte Andresen. Es stürze Kinder dann in nicht aufzulösende Loyalitätskonflikte. „Den entsprechenden Vorschlag des Bundesjustizministers lehnen wir deshalb als ungeeignet ab“, sagte die Präsidentin.
Der Lesben- und Schwulenverband begrüßte die Regelungen grundsätzlich, übte aber auch Kritik. „Das Eckpunktepapier enttäuscht mit fehlenden konkreten Vorschlägen zu trans, inter und nichtbinärer Elternschaft“, findet der Verband.