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AOK: Finanzielle Belastung von Pflegeheimbewohnern stark gestiegen



Die finanzielle Belastung von Pflegeheimbewohnern ist im vergangenen Jahr laut einer Studie stark gestiegen. Im Vergleich zum Jahr 2022 gab es bei den pflegebedingten Zuzahlungen einen Anstieg von 19,2 Prozent, wie das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) am 11. Januar in Berlin mitteilte.

Berlin (epd). Die vom WidO vorgelegten Daten zu den weiter gestiegenen Eigenanteilen für Pflegeheiembewohner sorgen für massive Kritik der Fach- und Sozialverbände sowie des DGB. Denn: Nach Einschätzung des WIdO werden die finanziellen Belastungen der Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeeinrichtungen weiter steigen.

Der WidO-Analyse zufolge bekamen die Heimbewohner Ende des Jahres 2023 von der Pflegeversicherung durchschnittlich 569 Euro pro Monat für ihre pflegebedingten Eigenanteile in Form von Zuschlägen erstattet. Durchschnittlich 874 Euro mussten sie selbst für die Pflege zuzahlen, hinzu kamen im Schnitt 909 Euro für Unterkunft und Verpflegung sowie 484 Euro für Investitionskosten. Daraus ergibt sich für die Pflegebedürftigen eine durchschnittliche Gesamtbelastung von 2.267 Euro pro Monat. Im Jahr 2017 etwa habe die durchschnittliche finanzielle Belastung der Bewohnerinnen und Bewohner mit 1.752 Euro um mehr als 23 Prozent niedriger gelegen.

Belastungen bereits 2025 wieder auf dem Niveau von 2023

Zum Jahresbeginn stiegen die Zuschläge für pflegebedingte Aufwände, die von den Pflegekassen gezahlt werden: Pflegebedürftige, die bis zu einem Jahr in einer vollstationären Pflegeeinrichtung wohnen, erhalten nunmehr 15 statt 5 Prozent. Bei einer Wohndauer von einem Jahr bis zu zwei Jahren gibt es eine Anhebung von 25 auf 30 Prozent, bei zwei bis drei Jahren von 45 auf 50 Prozent und bei einer Wohndauer ab drei Jahren von 70 auf 75 Prozent. Mit Beginn des Jahres 2025 sollen auch die Leistungssätze der Pflegeversicherung steigen. Das AOK-Institut erwartet dennoch, dass die Eigenanteile der Pflegebedürftigen bereits 2025 wieder über dem Niveau von 2023 liegen werden.

Die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, sagte, dass weitere wirksame und nachhaltige Lösungen zur Begrenzung der steigenden Eigenanteile und zur finanziellen Entlastung der Betroffenen nötig seien. „Eine Maßnahme, die schnell umsetzbar wäre, ist die Herausnahme der Ausbildungskosten aus den Eigenanteilen. Das würde die Pflegebedürftigen in den Heimen auf einen Schlag um etwa eine Milliarde Euro entlasten.“

Länder müssen Investitionskosten tragen - nicht die Heimbewohner

Reimann sieht aber auch die Länder gefordert, ihren Teil zur Entlastung beizutragen. „Die Investitionskosten der Pflegeheime sollten nicht mehr weiter den Pflegebedürftigen aufgebürdet werden. Sie müssen stattdessen als Teil der Daseinsvorsorge vollständig von den Ländern getragen werden. Auch dadurch wäre eine wirksame Entlastung der betroffenen Menschen möglich.“

Der Präsident des Arbeitgeberverbandes Pflege Thomas Greiner erklärte: „Jedes Mal, wenn höhere Eigenanteile gemeldet werden, reagiert die Politik alarmiert. Dabei war schon bei der Konzertierten Aktion Pflege klar, dass es die begrüßenswerte Erhöhung der Löhne für Pflegekräfte nicht zum Nulltarif geben kann.“

Das Trio der Minister Giffey, Spahn und Heil habe seinerzeit vehement bestritten, dass die Tariftreue sich auf den Geldbeutel der Pflegebedürftigen auswirken müsse, dafür würde die Regierung schon sorgen. „Das war wie zu erwarten falsch. Leider hat sich dieser Politikstil fortgesetzt.“

„Pflegeversicherung umbauen“

Eugen Brysch, Vorstand der Stiftung Patientenschutz sagte, der von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hochgelobte Entlastungsplan für die Pflegebedürftigen gehe nicht auf. „Der Fallschirm ist viel zu klein, um den harten finanziellen Aufprall zu verhindern. Die Betroffenen werden wieder mal zur Kasse gebeten.“ Das Nachsehen hätten vor allem Menschen, die weniger als ein Jahr stationär gepflegt werden. Denn ein Drittel der Pflegeheimbewohner stirbt in den ersten 12 Monaten nach Einzug.

Brysch forderte erneut, die Pflegeversicherung zur Teilkasko-Versicherung mit einer festen Eigenbeteiligung umzubauen. „Nur so ist es möglich, für kommende Eigenanteile finanziell Vorsorge zu treffen.“

Anja Piel, DGB-Vorstandsmitglied, nannte die neuen Daten einen „Weckruf für die Bundesregierung“. Die Lösung sei eine solidarische Pflege-Bürgerversicherung, in die alle einzahlten und die sämtliche Pflegekosten übernehme. Piel: „In einer älter werdenden Gesellschaft muss sich jede und jeder darauf verlassen können, dass Pflege möglich ist, eine Pflege mit guten Leistungen, die nicht arm macht.“

Markus Jantzer, Dirk Baas