Frankfurt a. M., Karlsruhe (epd). Kinderwunscheltern müssen ihr im Ausland von einer Leihmutter geborenes Kind adoptieren können. Dass die Leihmutterschaft in Deutschland verboten ist, steht einer Stiefkindadoption nicht entgegen, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main in einem am 14. Dezember bekanntgegebenen Beschluss. Werde mit der Adoption das Kindeswohl gewährleistet, könne diese nicht versagt werden.
Im Streitfall ging es um ein deutsches Ehepaar mit unerfülltem Kinderwunsch. Das Paar nahm die Hilfe einer ukrainischen Kinderwunschklinik in Anspruch. Da die Ehefrau keine Kinder bekommen konnte, wurde mithilfe einer Eizellspende eine Schwangerschaft bei einer Leihmutter eingeleitet. Der deutsche Ehemann erkannte die Vaterschaft des in der Ukraine geborenen Kindes Anfang 2020 an. Wegen Geburtskomplikationen und pandemiebedingter Grenzschließungen konnten die deutschen Wunscheltern das Kind erst ein halbes Jahr später in ihren Haushalt aufnehmen.
Um für das Kind die volle Verantwortung übernehmen und als rechtliche Mutter gelten zu können, beantragte die Ehefrau die sogenannte Stiefkindadoption. Dabei wird das Kind des Partners als das eigene angenommen.
Doch sowohl das Jugendamt als auch das Familiengericht lehnten die Stiefkindadoption ab. So wies das Familiengericht darauf hin, dass die Kinderwunscheltern die Schwangerschaft mithilfe einer in Deutschland verbotenen Leihmutterschaft und Eizellspende herbeigeführt haben.
Das OLG hielt die Stiefkindadoption dagegen für „sittlich gerechtfertigt“. Eine von deutschen Paaren veranlasste Leihmutterschaft im Ausland schließe eine Adoption des Kindes nicht aus. Maßgeblich sei, ob die Adoption aus Gründen des Kindeswohls erforderlich sei. Hier habe der Ehemann die Vaterschaft anerkannt. Die ukrainische Leihmutter habe das Kind auch nicht bei sich aufnehmen wollen und habe der Stiefkindadoption zugestimmt.
Daher sei das Kind letztlich auf die deutschen Wunscheltern angewiesen, argumentierten die Frankfurter Richter. In diesem Fall müsse die Stiefmutter die stärkere Position als rechtliche Mutter des Kindes auch deshalb erhalten, damit die Zuordnung des Kindes etwa bei Trennung vom Vater oder nach dessen Tod, wie bei zwei rechtlichen Eltern üblich, nach Kindeswohlkriterien erfolgen könne. Mit der Adoption könne die rechtliche Mutter eine engere Bindung zum Stiefkind aufbauen und aufrechterhalten.
Dabei sei es auch unerheblich, dass hier die Stiefmutter wegen der Eizellspende mit dem Kind nicht genetisch verwandt ist. Ausschlaggebend für die Zustimmung zur Stiefkindadoption sei vielmehr ihre Rolle als soziale Mutter.
Das Bundesverfassungsgericht hatte am 7. September 2022 betont, dass auch der Verdacht einer in Deutschland verbotenen Leihmutterschaft nicht zulasten der Kinder gehen dürfe. Im Streitfall hatte die 56-jährige Beschwerdeführerin ihren aus Lettland stammenden 30-jährigen Mann geheiratet. In der Ukraine wurden zuvor Zwillinge geboren und das Ehepaar als Eltern in den Geburtsurkunden eingetragen. Auch lettische Behörden gingen von einer Elternschaft aus. Als die Frau mit den Kindern nach Deutschland zurückkehrte und ihr Ehemann zwischenzeitlich in Großbritannien lebt, erkannte das Jugendamt deren Elternschaft nicht an.
Angesichts des Alters der Frau sei es ausgeschlossen, dass diese die Zwillinge zur Welt gebracht hat. Es bestehe der Verdacht einer Leihmutterschaft, sodass nur die Leihmutter als wirkliche Mutter gelte. Der Vater sei ebenfalls nicht als rechtlicher Vater anzusehen, da die Zwillinge noch vor der Hochzeit des Paares geboren wurden. Die Behörde übernahm die Amtsvormundschaft und nahm die Kinder „in Obhut“.
Doch gerade kleine Kinder dürfen aus Kindeswohlgründen nicht vorschnell aus ihrer vertrauten Umgebung herausgenommen werden, entschied das Bundesverfassungsgericht, selbst wenn erst im Hauptsacheverfahren die Elternschaft geklärt werden könne. Denn es drohten für die Kinder eine Traumatisierung und Kindeswohlgefährdung.
Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschied zudem am 12. Januar 2022, dass die von einem ausländischen Gericht anerkannte Elternschaft eines schwulen Paares für ihr per Leihmutter geborenes Kind für deutsche Behörden bindend ist. Zumindest wenn ein Wunsch-Elternteil mit dem Kind genetisch verwandt ist, verstoße die Anerkennung als rechtliche Eltern trotz der in Deutschland verbotenen Leihmutterschaft nicht gegen die öffentliche Ordnung.
Az.: 2 UF 33/23 (OLG Frankfurt a. M.)
Az.: 1 BvR 1654/22 (Bundesverfassungsgericht)
Az.: XII ZB 142/20 (Bundesgerichtshof)