Erfurt (epd). Die von einer Dortmunder Caritas-Klinik ausgesprochene Kündigung einer Hebamme wegen ihres Austritts aus der katholischen Kirche hat keinen Bestand. Wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt am 19. Dezember mitteilte, hat die Klinik sich in dem mit Spannung erwarteten Verfahren verpflichtet, die Hebamme weiter zu beschäftigen.
Im konkreten Fall arbeitete die Klägerin als Hebamme von 1994 bis Mitte 2014 in der Caritas-Klinik. Zu diesem Zeitpunkt war sie Mitglied der katholischen Kirche. Danach machte sie sich als Hebamme selbstständig. Im September 2014 trat sie aus der katholischen Kirche aus. Grund war nicht ihr fehlender Glaube, sondern die Kindesmissbrauchsfälle in der katholischen Kirche, die strafrechtlich nicht verfolgt würden, erklärte die Frau.
Doch dann kehrte sie zu ihrem früheren katholischen Arbeitgeber zurück. Während des Einstellungsgesprächs war die Mitgliedschaft in der Kirche kein Thema. Als der kirchliche Arbeitgeber die fehlende Kirchenmitgliedschaft bemerkte, kündigte er der Hebamme. Der Kirchenaustritt sei als „Loyalitätsverstoß“ zu werten. Sie arbeite unmittelbar mit Patientinnen. Da müsse gewährleistet sein, dass sie für die Werte des Evangeliums eintritt.
Das BAG legte den Fall dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg vor. Die Erfurter Richter hielten einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz der EU-Grundrechte-Charta für möglich. So sei es widersprüchlich, wenn die Caritas-Klinik einerseits Beschäftigte wegen ihres Kirchenaustritts kündige, andererseits Mitarbeiter, die noch nie in der Kirche Mitglied waren, weiter beschäftige, befand das Gericht.
Noch bevor die Große Kammer des EuGH entscheiden konnte, machte die Klinik indes einen Rückzieher und erkannte die Revisionsanträge der Hebamme an, wohl auch, um eine höchstrichterliche Entscheidung zu verhindern. Danach ist das Arbeitsverhältnis der Hebamme durch die Kündigung nicht aufgelöst worden. Mit der Zustellung des Anerkenntnisurteils durch das BAG ist das Verfahren abgeschlossen.
Az.: 2 AZR 130/21