sozial-Recht

Ohne Arbeit im Homeoffice kein Lohn




Mitarbeiterin im Homeoffice
epd-bild/Tim Wegner
Arbeitgeber können die im Homeoffice erbrachte Arbeitsleistung schwerer kontrollieren. Werfen sie einer Beschäftigten im Homeoffice Faulheit vor und wollen sie deshalb keinen Lohn zahlen, müssen sie ihren Vorwurf auch beweisen können, urteilte das Landesarbeitsgericht Rostock.

Rostock (epd). Die Arbeit im Homeoffice verspricht weniger Kontrolle und Überwachung durch die Arbeitgeber. Doch arbeiten Beschäftigte daheim nicht oder viel zu wenig, kann der Anspruch auf Vergütung ganz oder teilweise verloren gehen, stellte das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 28. September 2023 klar. Allerdings muss hierfür das Unternehmen den Vorwurf des Faulseins auch stichhaltig beweisen, urteilten die Rostocker Richter.

Damit hatte die Klage einer 43-jährigen Frau, die als Pflegemanagerin und leitende Pflegefachkraft tätig war, weitgehend Erfolg. Ihre Arbeitgeberin, die eine Tagespflegeeinrichtung sowie eine Einrichtung des betreuten Wohnens betreibt, hatte ihr die Arbeit im Homeoffice erlaubt. Dabei sollte die Angestellte insbesondere das Qualitätshandbuch und andere für das Pflegemanagement erforderliche Unterlagen überarbeiten. Die Arbeitszeiten wurden monatlich in einer vorgegebenen Tabelle nach Arbeitsbeginn und Arbeitsende erfasst.

Vorwurf: Keine Arbeitsnachweise erbracht

Doch dann kam es zum Streit über die in den eigenen vier Wänden erbrachte Arbeitsleistung. Die Arbeitgeberin warf der leitenden Pflegefachkraft vor, für 300 angegebene Homeoffice Stunden keinerlei Arbeitsnachweise erbracht zu haben. Die Beschäftigte sollte daher eine bereits gezahlte Vergütung in Höhe von 7.113 Euro zurückbezahlen. Die Summe wurde schließlich mit noch offenen Lohnansprüchen verrechnet. Der Pflegefachkraft wurde im Mai 2022 zudem gekündigt.

Die Frau wehrte sich vor Gericht und bestritt in ihrer Klage das Faulsein während der Homeoffice-Arbeit. Sie verlangte zudem die Nachzahlung von 1.700 Euro für nicht genommenen Urlaub.

Sowohl das Arbeitsgericht Stralsund als auch das LAG gaben ihr Recht. Es gelte aber durchaus der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“, urteilten die Rostocker Richter. „Demzufolge entfällt der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers ganz oder teilweise, wenn er seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung nicht oder nicht in vollem Umfang nachkommt“. Ausgenommen davon seien jedoch Krankheit und Urlaub.

Gleiche Regeln wie im Betrieb

Aber auch sonst gelten laut LAG bei einem Streit um die Arbeitsleistung im Homeoffice dieselben Regeln wie im Betrieb. „Grundsätzlich trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast, dass und in welchem Umfang der Arbeitnehmer seine Arbeitspflicht nicht erfüllt hat.“ Das gelte auch bei Arbeitsleistungen im Homeoffice, heißt es in den Leitsätzen des LAG.

Allein die bloße Behauptung, 300 Büroarbeitsstunden nicht gearbeitet zu haben, reiche zur Begründung nicht aus. So habe die Klägerin nachweislich verschiedene Arbeitsleistungen erbracht, wie das Versenden zahlreicher E-Mails mitsamt Datei-Anhängen. Diese ließen ebenfalls auf weitere vorangegangene Tätigkeiten schließen.

Unerheblich sei es, ob die Klägerin in dem von der Arbeitgeberin gewünschten Tempo gearbeitet hat. Insgesamt habe die Arbeitgeberin „nicht dargelegt, dass die Klägerin zumindest an einzelnen Tagen oder Stunden gar nicht gearbeitet hat und welche Tage oder Stunden dies betrifft“, befand das LAG Rostock.

Rückkehr ins Büro kann angeordnet werden

Hat eine Arbeitgeberin den Weg für die Homeoffice-Arbeit frei gemacht, etwa wegen der Corona-Pandemie, müssen Beschäftigte später auch wieder mit einer Rückkehr an den regulären Arbeitsplatz rechnen, urteilte am 26. August 2021 das LAG München. Sei das aus betrieblichen Gründen erforderlich, könne die Arbeitgeberin das im Rahmen ihres Weisungsrechts so anordnen.

Im Streitfall hatte die Arbeitgeberin die Rückkehr eines als Grafiker angestellten Mannes aus dem Homeoffice angeordnet. Das Recht auf Heimarbeit war nicht im Arbeitsvertrag verankert. Hier habe die Arbeitgeberin in zulässiger Weise die Rückkehr an den normalen Arbeitsplatz unter anderem damit begründet, dass im Homeoffice der Schutz der betrieblichen Daten und der Arbeitsschutz nicht ausreichend gewährleistet gewesen seien.

Versicherungsschutz auch bei Sturz in der Wohnung

Zum Thema Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Homeoffice urteilte am 8. Dezember 2021 das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel, dass diese für „unmittelbar unternehmensdienliche“ Wege im eigenen Zuhause unter dem Schutz der von Arbeitgebern finanzierten gesetzlichen Unfallversicherung stehen. Das gelte selbst dann, wenn ein Arbeitnehmer zu Arbeitsbeginn direkt vom Schlafzimmer ins Arbeitszimmer gehen will und dabei stürzt.

Anders als bei regulären Arbeitnehmern besteht für Homeoffice-Arbeiter dagegen kein Unfallversicherungsschutz, wenn sie ihre Kinder zur Kita bringen. Wie das BSG am 30. Januar 2020 klarstellte, müsse vielmehr der versicherte Weg zur Arbeit angetreten worden sein. Nur dann stehe auch der Umweg über den Kindergarten unter Unfallschutz, so das Gericht.

Az.: 5 Sa 15/23 (LAG Rostock)

Az.: 3 SaGa 13/21 (LAG München)

Az.: B 2 U 4/21 R (Bundessozialgericht Homeoffice

Az.: B 2 U 19/18 R (Bundessozialgericht Kita-Weg)

Frank Leth