Leipzig (epd). Die Anerkennung als Flüchtling eines in Deutschland geborenen ausländischen Kindes führt nicht zu einem abgeleiteten Familienasyl für Eltern und Geschwister. Denn für den Anspruch auf Familienasyl und damit die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist es erforderlich, dass die gesamte Familie bereits im Verfolgerstaat bestand, urteilte am 15. November das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.
Geklagt hatte ein aus Somalia stammendes Ehepaar und ihre beiden Söhne. Diese waren 2012 nach Deutschland eingereist. Ihre Asylanträge wurden unanfechtbar abgelehnt. Als die Eltern ein Jahr später eine in Deutschland geborene Tochter bekamen, wurde der Asylantrag des Kindes anerkannt. Ihr drohe in Somalia eine Genitalverstümmelung, erklärte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf). Eltern und Geschwister stellten Asylfolgeanträge und führten an, dass sie wegen der Flüchtlingsanerkennung des Mädchens nun Anspruch auf ein abgeleitetes Familienasyl hätten.
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Magdeburg lehnte die Zuerkennung des Familienasyls ab. Die Asylfolgeanträge von Eltern und Geschwister seien unzulässig. Nach dem Asylgesetz setze die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als Familienangehörige bei Eltern und Geschwister voraus, dass die Familie bereits in dem Staat bestanden habe, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt werde, entschied das OVG. Voraussetzung sei daher hier, dass die Tochter ebenfalls im Verfolgerstaat geboren sei.
Dies bestätigte nun auch das Bundesverwaltungsgericht. „Die Anerkennung der in Deutschland geborenen Tochter als Flüchtling begründet für ihre Eltern und Geschwister keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, weil die Familie nicht schon im Herkunfts- beziehungsweise Verfolgerstaat bestanden hat“, urteilten die Leipziger Richter. Danach scheide ein Familienschutz für Eltern und Geschwister von vornherein aus, wenn das stammberechtigte Kind erst in Deutschland geboren wurde.
Az.: 1 C 7.22