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Diakoneo-Chef rechnet mit weiteren Pleiten bei Trägern sozialer Dienste



Neuendettelsau (epd). Die Insolvenz des Diakonischen Werks Passau wird nach Einschätzung der Diakoneo-Vorstandsvorsitzende Mathias Hartmann nicht die einzige im sozialen Bereich bleiben. „Ich glaube, es wird in den kommenden Monaten weitere Träger im sozialen Bereich treffen - vor allem kleinere lokale bis regionale Anbieter“, sagte Hartmann dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Diakonie Passau hatte am 8. November wegen ungenügender Refinanzierung ihrer Dienste eine Insolvenz in Eigenverwaltung eingeleitet.

„Die Defizite in vielen Bereichen galoppieren derzeit geradewegs davon“, sagte Hartmann. Die Kostenträger und der Staat reagierten auf steigende Energie-, Personal- und Sachkosten bei der Refinanzierung oftmals viel zu langsam - oder ungenügend. „Im Bereich der Beratungsstellen etwa decken die staatlichen Zuschüsse nie die vollen Kosten ab, weil man den Trägern ein 'Eigeninteresse' beim Betrieb der Beratungsstellen unterstellt und sie somit zur Mitfinanzierung verpflichtet“, sagte Hartmann: „Die Kirchen sind hier lange eingesprungen.“

Landes-Not-Programm zur Rettung der Kliniken

Nicht nur bei Diakoneo ist aber das größte Sorgenkind nach wie vor der Krankenhausbereich. „Dieser Bereich rauscht bundesweit nach unten ab“, sagte Hartmann. Wenn die Lohn- und Sachkosten um zehn bis zwölf Prozent pro Jahr steigen, die Refinanzierung aber nur um vier Prozent, „kann sich jeder ausrechnen, dass das für die Träger der Kliniken nicht lange gut geht“. Diakoneo habe als großes Sozialunternehmen mit unterschiedlichen Angeboten mehr Möglichkeiten, schwierige Phasen zu überbrücken. Kliniken bräuchten aber dringend Hilfe, denn selbst in größeren Verbünden werde es immer schwerer, die Defizite in Grenzen zu halten: „Von Kostendeckung kann längst keine Rede mehr sein.“

Hartmann forderte von der neuen bayerischen Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) ein Landes-Not-Programm zur Rettung der Kliniken. Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) habe für sein Land den dringenden Handlungsbedarf erkannt, „damit bedarfsnotwendige Krankenhäuser bis zur Umsetzung der Krankenhausreform durchhalten können“, sagte Hartmann. Eine solche Hilfe müsse auch Bayern in die Wege leiten, sonst drohe ein Massen-Kliniksterben: „Die Patienten müssen aber doch versorgt werden.“

Diakoneo ist mit rund 11.000 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von rund 800 Millionen Euro einer der größten diakonischen Träger in Deutschland und der größte Süddeutschlands. Heute gehören Seniorenheime, Behinderteneinrichtungen, Schulen und Kliniken zum Sozialunternehmen, das aus dem Zusammenschluss der Diakonie Neuendettelsau und dem Diak Schwäbisch Hall entstanden ist. Geleitet wird die Diakoneo seit 2015 von Mathias Hartmann.

Daniel Staffen-Quandt


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