sozial-Recht

Bundessozialgericht

Förderung erschwert Umlage von Investitionskosten auf Heimbewohner




Ein Treppenhaus in einem Pflegeheim
epd-bild/Werner Krüper
Staatliche Investitionszuschüsse für Pflegeheime sollen Heimplätze billiger machen und Bewohner entlasten. Daran sind dann Heimbetreiber so lange gebunden, wie sie Vorteile aus der Förderung ziehen, urteilte das Bundessozialgericht.

Kassel (epd). Das Bundessozialgericht (BSG) hat staatlich geförderten Pflegeeinrichtungen die Umlage ihrer Investitionskosten für den Bau eines Pflegeheims auf die Bewohnerinnen und Bewohner erschwert. Solange zugelassene Pflegeeinrichtungen von einer staatlichen Investitionskostenförderung für ein Pflegeheimgebäude etwa in Form von Abschreibungen profitieren, dürfen sie für angefallene Investitionskosten ohne behördliche Genehmigung keine höheren Tagessätze verlangen, urteilten am 20. September die Kasseler Richter. Dies gelte auch dann, wenn die bei der Bewilligung der Förderung festgelegte Zweckbindung für das Gebäude zwar ausgelaufen ist, der Heimbetreiber aber noch Abschreibungen geltend machen kann.

Zweckbindung für 25 Jahre

Im Streitfall hatte die Kreisstadt Mössingen im Landkreis Tübingen ein als Pflegeeinrichtung vorgesehenes Gebäude errichtet. Dort sollten zwölf Altenwohnungen sowie zwölf Tagespflegeplätze entstehen. Das Land Baden-Württemberg gab 1989 hierfür eine Investitionsförderung in Höhe von rund drei Millionen Mark (1.533.876 Euro). So sollte der Heimbetreiber bei der Berechnung der Tagessätze geringere Investitionskosten zugrunde legen und die Heimbewohner finanziell entlasten. Die Zweckbindung wurde auf 25 Jahre festgelegt.

Das Gebäude wurde nach der Fertigstellung im Jahr 1992 an das Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg, einen der größten Altenhilfeträger in dem Bundesland, verpachtet. Wegen der staatlichen Investitionsförderung für das Gebäude fielen die Pachtforderung und damit auch die Tagessätze für die Bewohnerinnen und Bewohner geringer aus. Das Gebäude sollte dann nach 40,8 Jahren voll abgeschrieben sein. 2015 verkaufte die Kreisstadt das Haus an ein 100-prozentiges Tochterunternehmen des Wohlfahrtswerks.

Als die Zweckbindung der Förderung 2017 auslief, wollte der Einrichtungsbetreiber höhere Tagessätze verlangen und machte höhere Investitionskosten für das Gebäude geltend. Danach sollten Heimbewohner allein für die Investitionskosten nun 17,80 Euro pro Tag für ein Einzelzimmer, 15,65 Euro für ein Doppelzimmer und 12,46 Euro für die Tagespflege aufbringen.

Als der Landkreis Tübingen als Sozialhilfeträger dies ablehnte, rief der Heimbetreiber die Schiedsstelle an. Die mit dem Erhalt der staatlichen Förderung vereinbarte Zweckbindung sei ausgelaufen, daher könnten nun höhere Investitionskosten umgelegt werden.

Schiedsstelle nicht zuständig

Die Schiedsstelle entschied, dass sie keine auf die Bewohner umzulegenden höheren Investitionskostensätze festlegen könne. Dies sei nur bei nicht geförderten Einrichtungen möglich. Da der Heimbetreiber aber das Gebäude über 40,8 Jahre abschreibe und damit fortlaufend Vorteile ziehe, sei weiter von einer „geförderten Einrichtung“ auszugehen, für die sie nicht zuständig sei.

Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg urteilte am 13. April 2022, dass der Schiedsspruch und die Annahme der fehlenden Schiedsstellenzuständigkeit rechtmäßig seien. Solange buchhalterisch noch Zuschüsse aufzulösen und geförderte Wirtschaftsgüter abzuschreiben seien, liege weiterhin eine Förderung und damit eine geförderte Einrichtung vor. Daran ändere auch der Ablauf der Zweckbindungsfrist nichts.

Das BSG wies den klagenden Pflegeheimbetreiber ebenfalls ab. Es handele sich hier um eine „objektbezogen geförderte Einrichtung“. Für die gesonderte Berechnung der betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen bedürfe es daher der Zustimmung der zuständigen Landesbehörden, die hier fehle. Diese müssten bei ihrer Prüfung immer die „soziale Absicherung der Pflegebedürftigen“ im Blick haben und staatliche Fördermittel bei der Berechnung des von den Heimbewohnern zu zahlenden Investitionskostensatzes berücksichtigen. Die Schiedsstelle sei dagegen nur für nicht geförderte Einrichtungen zuständig und könne nur für diese Entscheidungen treffen.

Solange der Einrichtungsbetreiber aus der Förderung fortlaufend Vorteile ziehe, gelte er als „geförderte Einrichtung“. Hier sei dies die 40,8 Jahre dauernde Abschreibungsdauer. „Eine Förderung wirkt als dauerhafte Investition jedenfalls bis zum Ende der Abschreibungsfrist fort“, betonte das BSG. Unerheblich sei, dass die Zweckbindungsfrist aus dem Förderbescheid zwischenzeitlich abgelaufen ist.

Az.: B 8 SO 8/22 R (Bundessozialgericht)

Az.: L 2 SO 3089/20 KL (Landessozialgericht)

Frank Leth