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Bürgergeld steigt ab Januar um bis zu zwölf Prozent




Hauptantrag auf Bürgergeld, das im Januar deutlich steigen soll
epd-bild/Heike Lyding
Einen Tag nach der Einigung der Ampel-Koalition über die Kindergrundsicherung verkündet Arbeitsminister Heil die Bürgergeld-Sätze für das kommende Jahr. Die Anhebung um bis zu zwölf Prozent wird sich auch auf die Kindergrundsicherung auswirken, die 2025 kommen soll. Dennoch üben Sozialverbände und Opposition Kritik.

Berlin (epd). Die Regelsätze im Bürgergeld werden zum 1. Januar 2024 steigen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) gab am 29. August in Berlin die neuen Summen bekannt. Danach steigt der monatliche Betrag für einen alleinlebenden Erwachsenen von 502 auf 563 Euro. Das sei eine deutliche Steigerung, betonte Heil. Das wohl, so der Paritätische, doch die Erhöhung sei deutlich zu niedrig: „Nach eigenen Berechnungen der Paritätischen Forschungsstelle müsste der Regelsatz für Erwachsene mindestens 813 Euro betragen, um wirksam vor Armut zu schützen“, heißt es in einer Mitteilung.

Jugendliche von 14 bis 17 Jahren bekommen laut Heil 51 Euro mehr, der Regelsatz steigt Heil zufolge von 420 auf 471 Euro im Monat. Sechs- bis 13-jährige Kinder bekommen 42 Euro mehr, statt 348 Euro künftig 390 Euro. Kleinkinder bis fünf Jahre erhalten 357 Euro statt derzeit 318 Euro.

Heil: Berechnungsmethode geändert

Die deutliche Anhebung der Regelsätze ist Heil zufolge darauf zurückzuführen, dass mit der Einführung des Bürgergelds die Berechnungsmethode so geändert wurde, dass die Inflation stärker berücksichtigt wird. Die Regelsätze müssen an die Lohn- und Preissteigerungen angepasst werden.

Die staatlichen Ausgaben für das Bürgergeld steigen Heil zufolge im kommenden Jahr um 4,2 Milliarden Euro. Ihm sei wichtig, sagte der SPD-Politiker, dass gerade in Zeiten großer gesellschaftlicher Verunsicherung Deutschland ein solidarisches Land bleibe. Die Menschen müssten sich auf den Sozialstaat verlassen können, dafür stehe das Bürgergeld.

Auswirkungen auch auf die Kindergrundsicherung

Mit Blick auf die Einigung der Ampel-Koalition über die Kindergrundsicherung sagte Heil, die neuen Regelsätze bildeten die Grundlage für die angekündigte Neuberechnung des soziokulturellen Existenzminimums, was sich wiederum auf die Höhe der Kindergrundsicherung auswirke. Das sozioökonomische Existenzminimum berücksichtigt nicht nur die Mindestausgaben für Nahrung, Kleidung, Wohnung und Gesundheit, sondern soll auch eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben absichern.

Das Bürgergeld hat zum Jahresanfang die Hartz IV-Leistungen abgelöst. Im Januar 2023 stieg der Erwachsenen-Regelsatz von 449 Euro auf 502 Euro.

„Diese Regelsätze sind und bleiben Armutssätze und gehen an der Lebensrealität der Menschen vorbei“, monierte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen. Ausgeglichen werde so nur der aktuelle Kaufkraftverlust. Von einer Leistungsverbesserung könne keine Rede sein. "Es ist bitter, dass diese Bundesregierung einkommensarmen Menschen weiter echte Teilhabe verwehrt und sie in Armut belässt”, kritisiert Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Es sei schon frech, diese Mini-Anpassung der Regelsätze sowie die gestern bekannt gewordenen Pläne für eine sogenannte Kindergrundsicherung als Kampf gegen Kinderarmut verkaufen zu wollen, so Schneider.

VdK wirbt für regelmäßige Anpassungen

VdK-Präsidentin Verena Bentele sagte in Berlin, die Erhöhung der Regelsätze komme angesichts der anhaltenden Inflation viel zu spät. „Besonders die hohen Preise für Strom und Grundnahrungsmittel fressen das Geld von Menschen in der Grundsicherung und im Bürgergeld derzeit komplett auf und haben diese Menschen teils in existenzielle Not gebracht.“ Sie forderte neben einer kompletten Neuberechnung der Regelsätze auch die sofortige Anpassung, wenn so starke Preissteigerungen wie im Moment auftreten - und nicht erst im Nachhinein. „Nur so können Menschen realistisch vom Bürgergeld leben“, sagte die Präsidentin.

Anja Piel, DGB-Vorstandsmitglied, sagte: „Diese Ankündigung ist erstmal eine gute Nachricht für viele Millionen Menschen mit geringen Einkommen oder ohne Arbeit: Wenn das Bürgergeld wirklich armutsfester wird, schützt es besser vor sozialem Abstieg.“ Zudem müssten die Regelsätze fortlaufend an das Lohn- und Inflationsniveau angepasst werden. Piel weiter: „Ein zweiter Schritt muss von der Bundesregierung bald vollzogen werden: Die Jobcenter brauchen ausreichend Geld für die neuen Förderinstrumente des Bürgergeldes, um mehr Menschen gute Perspektiven auf Arbeit zu ermöglichen.“

Janine Wissler, Vorsitzende der Partei Die Linke warf dem Minister vor, zu spät zu reagieren. Die Betroffenen könnten aber nicht bis zum nächsten Jahr auf höhere Gelder warten. „Sie brauchen schon jetzt einen Inflationsausgleich.“ Wissler forderte eine sofortige Sonderzahlung, die den inflationsbedingten Kaufkraftverlust zwischen 2021 und 2023 ausgleicht. Und: „Für die Zukunft muss eine neue gesetzliche Sonderzahlung eingeführt werden, die zu Beginn eines Jahres den inflationsbedingten Kaufkraftverlust des Vorjahres automatisch ausgleicht.“

Bettina Markmeyer, Dirk Baas