Berlin (epd). Nach langen Verhandlungen haben Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) am 28. August in Berlin einen Kompromiss zur Finanzierung der Kindergrundsicherung vorgestellt. Sie soll 2025 eingeführt werden. Mehr Geld für alle wird es nicht geben - aber einige gezielte Verbesserungen.
Was ändert sich für die Familien?
Das Kindergeld, das Bürgergeld, die Sozialhilfe für Kinder sowie der Kinderzuschlag werden zusammengefasst. Wie bisher wird das Kindergeld automatisch ausgezahlt. In der Kindergrundsicherung wird es als „Garantiebetrag“ bezeichnet. Je nach Einkommen der Eltern und Alter der Kinder sollen Familienministerin Paus zufolge 5,6 Millionen armutsbedrohte Familien für ihre Kinder den künftigen Zusatzbetrag „schneller, einfacher und direkter“ erhalten. Er entspricht dem heutigen Bürgergeld bzw. der Sozialhilfe für Kinder oder dem Kinderzuschlag für Eltern, die ein eigenes Einkommen haben, aber so wenig verdienen, dass sie ohne den Zuschlag Bürgergeld für ihre Kinder beantragen müssten. Neu ist, dass die Eltern künftig vom Amt darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie einen Anspruch auf den Kinderzuschlag haben. Die Anträge sollen vereinfacht und online gestellt werden können.
Was kostet die Kindergrundsicherung den Staat zusätzlich?
Für 2025 sollen 2,4 Milliarden Euro mehr im Haushalt des Bundesfamilienministeriums eingestellt werden. Davon sollen Verwaltungskosten und die ersten Verbesserungen bezahlt werden. Wenn zehn Prozent der berechtigten Familien zusätzlich den Kinderzuschlag beantragen, steigen die Ausgaben Familienministerin Paus zufolge auf möglicherweise sechs Milliarden Euro bis zum Jahr 2028. Das Bundesfamilienministerium geht davon aus, dass bislang nur 35 Prozent der berechtigen Familien den Kinderzuschlag beantragen und erhalten.
Wer profitiert von welchen Neuregelungen?
Laut Minister Lindner wird es keine generellen Leistungsverbesserungen für alle Kinder geben, deren Eltern Bürgergeld oder Sozialhilfe beziehen. Aber es gibt Leistungsverbesserungen für einzelne Gruppen. Alleinerziehende sollen bessergestellt werden, indem ihnen der Unterhalt für ihre Kinder auf die Kindergrundsicherung nicht so stark angerechnet wird wie heute auf das Bürgergeld oder die Sozialhilfe. Künftig dürfen sie, je nach Höhe des Unterhalts, bis zu 55 Prozent dieses Einkommens behalten, heute sind es höchstens 20 Prozent. Sobald die Kinder das Schulalter erreicht haben, wird diese Neuerung nur beibehalten, wenn der alleinerziehende Elternteil für mindestens 600 Euro im Monat sozialversicherungspflichtig arbeitet. Das soll den Anreiz steigern, erwerbstätig zu sein. Inwiefern die staatlichen Leistungen für Schulkinder und Jugendliche steigen, hängt von der Neuberechnung des soziokulturellen Existenzminimums ab. Das ist die Summe, die für Essen, Kleidung und Wohnen ausreichen muss, aber auch, um trotz relativer Armut am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. Der seit Juli 2022 gezahlte Sofortzuschlag von 20 Euro im Monat für armutsbedrohte Kinder bleibt erhalten und wird Teil des Existenzminimums. Außerdem sollen die Ausgaben für den Familienhaushalt stärker als Teil des Existenzminimums der Kinder gewichtet werden.
Werden auch die staatlichen Zuschüsse für Schulsachen und Vereinsbeiträge Bestandteil der Kindergrundsicherung?
Nein, anders als von Paus gewünscht, werden die Sachleistungen für Schulsachen und Freizeit nicht in Pauschalen umgewandelt. Eltern müssen auch weiterhin die Hilfen für Schulsachen und den Teilhabe-Betrag von 15 Euro im Monat extra beantragen. Das soll aber einfacher werden.
Wie geht es weiter?
Familienministerin Paus möchte den Gesetzentwurf im September dem Bundeskabinett zur Billigung vorlegen. Vorher werden die einschlägigen Verbände und die Länder einbezogen. Danach beraten Bundestag und Bundesrat über das Gesetz. Und dort, so hat es die SPD bereits angekündigt, wird es wohl noch Änderungen geben.