sozial-Recht

Bundesarbeitsgericht

Kündigung nach WhatsApp-Hetze gegen Kollegen



Erfurt (epd). Fremdenfeindliche und menschenverachtende Hetze über Vorgesetzte und Arbeitskollegen in einer privaten WhatsApp-Chatgruppe können eine fristlose Kündigung nach sich ziehen. Nur wenn ein Arbeitnehmer in berechtigter Weise erwarten konnte, dass die gravierenden Beleidigungen von keinem Gruppenmitglied an einem Dritten weitergegeben werden und alles vertraulich bleibt, sei eine fristlose Kündigung ausnahmsweise unwirksam, urteilte am 24. August das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt.

Im Streitfall gehörte der in einem Luftverkehrsunternehmen früher angestellte Kläger seit 2014 einer privaten WhatsApp-Chatgruppe mit fünf weiteren Arbeitnehmern an. Im November 2020 wurde ein weiterer, ehemaliger Kollege mit in die Gruppe aufgenommen. Alle waren „langjährig befreundet“. Zwei der Chatgruppen-Mitglieder waren Brüder.

Vertrauliche Kommunikation

Als es zu Arbeitsplatzkonflikten kam, zogen die Mitglieder der WhatsApp-Gruppe über Kollegen und Vorgesetzten her und machten fremdenfeindliche und sexistische Aussagen. So wurde etwa geschrieben, dass die „Covidioten“ „vergast“ werden sollten. Auch mit einem Anschlag wurde geliebäugelt.

Als der Chatverlauf dem Arbeitgeber zugespielt wurde, kündigte er dem Kläger fristlos. Er habe sich in stark beleidigender, rassistischer, sexistischer und zu Gewalt aufstachelnder Weise über Vorgesetzte und Kollegen geäußert, hieß es zur Begründung.

Der Kläger berief sich dagegen auf die im Grundgesetz geschützte vertrauliche Kommunikation. Der Chat diente allein dem privaten Austausch. Der Arbeitgeber habe diesen daher nicht als Grund für die Kündigung verwenden dürfen.

Weitergabe an Dritte

Das BAG urteilte, dass bei beleidigenden und menschenverachtenden Äußerungen in einem privaten WhatsApp-Chat über Vorgesetzte und Kollegen Arbeitnehmer mit einer fristlosen Kündigung gerechnet werden muss. Nur ausnahmsweise, wenn der Arbeitnehmer sicher davon ausgehen konnte, dass der Chatverlauf vertraulich bleibt, sei eine Kündigung nicht gerechtfertigt, erklärte das Gericht.

Die Erfurter Richter verwiesen den Streitfall an das Landesarbeitsgericht Niedersachsen zurück. Das muss nun prüfen, ob der Kläger tatsächlich erwarten konnte, dass bei der möglichen schnellen Weiterleitung von WhatsApp-Chats die Vertraulichkeit gewahrt wird. Auch müsse geklärt werden, ob der Kläger angesichts des Chatverlaufs und der Größe der Chatgruppe, ihrer geänderten Zusammensetzung und der unterschiedlichen Beteiligung der Gruppenmitglieder an den Chats nicht mit einer Weitergabe der Äußerungen an Dritte rechnen konnte.

Az.: 2 AZR 17/23