Erfurt (epd). Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können auch in der arbeitsfreien Freistellungsphase ihrer Altersteilzeit Anspruch auf eine tarifliche Corona-Sonderzahlung haben. Kommt es nach den tariflichen Bestimmungen allein auf den Anspruch auf ein Arbeitsentgelt an, darf die Corona-Sonderzahlung nicht verweigert werden, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem am 8. August veröffentlichten Urteil. Bei einer Halbtagsbeschäftigung in der Altersteilzeit kann dann zumindest die Hälfte der einmaligen Sonderzahlung verlangt werden, befanden die Erfurter Richter.
Damit steht einem in einem kommunalen Unternehmen angestellten Schlosser die Hälfte der Sonderzahlung in Höhe von 300 Euro zu. Der Mann hatte mit seinem Arbeitgeber einen Altersteilzeitvertrag im Blockmodell geschlossen. Danach sollte er vom 1. November 2015 bis zum 5. Januar 2020 bei halbem Lohn voll arbeiten. Vom 6. Januar 2020 bis zum 29. Februar 2024 sollte er dann in der Freistellungsphase die Hälfte des Lohnes erhalten.
Als die Gewerkschaft ver.di mit den kommunalen Arbeitgebern die Belastungen der Beschäftigten in der Corona-Pandemie abmildern wollten, vereinbarten sie im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst im Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD/VKA) eine einmalige Corona-Sonderzahlung von 600 Euro.
Die wollte der mittlerweile in der Freistellungsphase befindliche Schlosser auch haben. Um die Sonderzahlung erhalten zu können, setzten die tariflichen Regelungen voraus, dass am Stichtag 1. Oktober 2020 ein Arbeitsverhältnis bestand und der Beschäftigte an mindestens einem Tag zwischen dem 1. März 2020 und dem 31. Oktober 2020 Anspruch auf Arbeitsentgelt hatte.
Der kommunale Arbeitgeber lehnte die Zahlung an den Schlosser ab. Die einmalig zu gewährende Corona-Sonderzahlung sei nicht in der Aktivphase der Altersteilzeit, also während der tatsächlichen Arbeit, entstanden. Der Beschäftigte habe sich zum Stichtag bereits in der Freistellungsphase befunden, so dass ihm die Sonderzahlung nicht zustehe, hieß es.
Doch das lässt sich aus den tariflichen Regelung nicht entnehmen, urteilte nun das BAG. Entscheidend sei danach nicht, ob am Stichtag eine Arbeitsleistung erbracht wurde, sondern ob in der Zeit von März bis Ende Oktober für mindestens einen Tag ein Entgeltanspruch bestanden habe. Das sei hier am Stichtag 1. Oktober 2020 auch der Fall gewesen, so das Gericht.
Allerdings könne der Kläger nur die Hälfte der Sonderzahlung, insgesamt 300 Euro, beanspruchen. Denn die vereinbarte durchschnittliche Arbeitszeit betrug laut Altersteilzeitvertrag ja auch nur die Hälfte einer Vollzeitbeschäftigung.
Nach Angaben von ver.di ist der Anspruch auf die Corona-Sonderzahlung nicht ohne Weiteres auf andere Tarifverträge übertragbar. Teilweise seien Beschäftigte in der Freistellungsphase ausdrücklich davon ausgeschlossen.
Bereits am 24. September 2019 hatte das BAG entschieden, dass in der Freistellungsphase einer Altersteilzeit kein Anspruch auf Urlaub entsteht. Arbeitnehmer könnten daher nicht verlangen, dass ihr Arbeitgeber einen Ausgleich für „nicht genommenen Urlaub“ bezahlt. Der Urlaubsanspruch sei „entsprechend der Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht“ zu berechnen. Während der Freistellungsphase bestehe aber keine Arbeitspflicht mehr, so das Gericht.
Erkranken dagegen Beschäftigte während ihrer Freistellungsphase, haben sie nicht nur weiter Anspruch auf Lohnfortzahlung, sondern bei Vorliegen einer privaten Krankentagegeldversicherung auch Anspruch auf Krankentagegeld, urteilte am 27. November 2019 der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe.
Denn in der Freistellungsphase liege noch ein Arbeitsverhältnis vor. Der Versicherte sei noch nicht ein aus dem Arbeitsleben endgültig ausgeschiedener Altersrentner. Er könne in dieser Phase wieder in das Erwerbsleben eintreten und sich eine Arbeit suchen. Daher könne Krankentagegeld beansprucht werden.
Az.: 9 AZR 132/22 (Bundesarbeitsgericht, Corona-Sonderzahlung)
Az.: 9 AZR 481/18 (Bundesarbeitsgericht, Freistellung, Urlaubsanspruch)
Az.: IV ZR 314/17 (Bundesgerichtshof)