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Gesundheit

Sozial schwache Kinder zeigen öfter depressive Symptome



Eine Umfrage bei Kindern und Jugendlichen zeigt, dass die Pandemie hat gesundheitliche Spuren hinterlassen hat: Vor allem sozial schwache Kinder leiden unter depressiven Symptomen. Experten fordern eine Offensive für gesundheitliche Chancengleichheit.

Berlin/Hamburg (epd). Kinder mit niedrigem Sozialstatus sind eher einsam, haben Schlafprobleme und Schmerzen: Das zeigt der aktuelle DAK-Präventionsradar, den das Kieler Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung (IFT-Nord) in 14 Bundesländern durchführte. Statusübergreifend verbesserte sich zwar die im Zuge der Corona-Pandemie verminderte psychische Gesundheit von Kindern wieder, bei den während der Pandemie zugenommenen körperlichen Beschwerden lässt sich dagegen kein nennenswerter Trend zum Positiven erkennen. Die DAK präsentierte die Ergebnisse am 27. Juli in Berlin.

Die Hälfte (50 Prozent) der Schulkinder mit niedrigem Sozialstatus ist demnach einsam, unter den Kindern mit hohem Sozialstatus ist es etwas mehr als jeder Vierte (28 Prozent). Etwa zwei Drittel (67 Prozent) der Mädchen und Jungen aus Familien mit niedrigem Sozialstatus zeigen ein vermindertes Wohlbefinden, in besser situierten Familien sind es 41 Prozent. 44 Prozent der Schulkinder aus sozial benachteiligten und 26 Prozent der Kinder aus sozial starken Familien zeigen vermehrt depressive Symptome.

Schlafstörungen werden oft als Problem genannt

Fast die Hälfte der benachteiligten Kinder (49 Prozent) sowie ein Drittel (33 Prozent) der Kinder mit hohem Sozialstatus leidet mindestens einmal pro Woche unter Schlafstörungen. 22 Prozent der befragten Kinder mit niedrigem Sozialstatus haben sogar schon einmal Schlafmittel genommen - bei Kindern mit hohem Sozialstatus beträgt der Wert 13 Prozent. Eine große Rolle bei den Schlafproblemen der sozial benachteiligten Schulkinder spielen exzessive Bildschirmzeiten.

Einmal oder mehrfach pro Woche auftretende Kopfschmerzen beklagen 27 Prozent der befragten Kinder. Auf Rückenschmerzen trifft dies bei 25 Prozent, auf Bauchschmerzen bei 19 Prozent der Kinder zu. Bei Kindern mit niedrigem Sozialstatus sind körperliche Beschwerden stärker ausgeprägt als bei Kindern aus sozial höherstehenden Familien.

„Erschreckende Befunde“

Die Studie liefere „sehr erschreckende Befunde, die uns wirklich wachrütteln müssen“, sagte DAK-Vorstandschef Andreas Storm. Laut Studienleiter Reiner Hanewinkel vom IFT-Nord führten Pandemie und Lockdowns bei Kindern „zu einem massiven Verlust an Lebenszufriedenheit“. Diese habe zwar wieder zugenommen, die Ausgangswerte seien aber noch nicht erreicht.

Laut der Parlamentarischen Staatssekretärin im Familienministerium, Ekin Deligöz (Grüne), zeigt der Präventionsradar 2023, dass es vielen Kindern und Jugendlichen „grundsätzlich gut“ gehe, aber lange nicht allen. Die Kluft werde zunehmend größer. Storm forderte „eine gezielte Präventionsoffensive für gesundheitliche Chancengleichheit mit Maßnahmen und Strategien auf den unterschiedlichsten Ebenen“.

Grüne: Präventionsangebote finanziell absichern

Deligöz sagte weiter, dass Präventionsangebote wie die „Mental Health Coaches“ abgesichert werden müssten, „weil wir sie für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche in Schulen dringend brauchen“. Psychologische Berater sollen ab dem Schuljahr 2023/24 im Rahmen eines Modellprogramms des Bundesjugendministeriums an Schulen bei Fragen zur mentalen Gesundheit und bei akuten psychischen Krisen unterstützen.

Für das DAK-Präventionsradar wurden fast 15.000 Schülerinnen und Schüler aus mehr als 900 Klassen der Klassenstufen 5 bis 10 befragt. Die Befragungen fanden im Rahmen des Unterrichts statt.

Marcel Maack