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Gesundheit

Verband: Mehrheit der Kliniken sieht Existenz bedroht



Die Krankenhäuser sind skeptisch gegenüber der geplanten Krankenhausreform. Sie erwarten durch die Reform Schließungen von Abteilungen und ganzer Kliniken. Eine Reform sei nötig, es müsse jedoch nachgebessert werden, erklärt die Krankenhausgesellschaft.

Essen, Berlin (epd). Die Mehrheit der deutschen Kliniken sieht die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplante Krankenhausreform mit großer Skepsis. Fast jedes zweite befragte Krankenhaus (44 Prozent) rechnet mit Schließungen von Fachabteilungen, 15 Prozent gehen von einer Schließung der Klinik aus, wie eine am 26. Juli veröffentlichte Umfrage der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) unter 448 Kliniken ergab.

72 Prozent der befragten Kliniken sehen demnach keine wirtschaftliche Verbesserung durch die Reform. Mehr als jedes zweite Krankenhaus (56 Prozent) geht von einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage aus. Die Mehrheit der befragten Kliniken erwartet weder eine Verbesserung bei der Personalgewinnung (73 Prozent) noch bei der Behandlungsqualität (60 Prozent).

Zustimmung für sogenannte Vorhaltepauschalen

Auch eine Entökonomisierung der Versorgung und einen Abbau von Bürokratie sieht eine Mehrheit (70 Prozent, beziehungsweise 90 Prozent) nicht. Dass die Fallpauschalen durch Vorhaltepauschalen ergänzt werden sollen, wird hingegen von mehr als zwei Dritteln (69 Prozent) begrüßt.

Bis zum Inkrafttreten der geplanten Reform im Jahr 2027 sähen fast 70 Prozent der Kliniken ihre Existenz gefährdet, erklärte die Krankenhausgesellschaft. Fast kein Krankenhaus könne seine Ausgaben aus den laufenden Einnahmen decken. Die Kliniken hegten große Zweifel daran, dass die Krankenhausreform in wesentlichen Feldern Verbesserung bringen würde. Die Krankenhausgesellschaft forderte, die geplante Reform nachzubessern und „das Vertrauen der Krankenhäuser zurückzugewinnen“.

Schnelle finanzielle Hilfen angemahnt

Die dramatisch pessimistischen Aussichten der Krankenhäuser auf ihre eigene Zukunft müssten ein Weckruf an den Bundesgesundheitsminister und die Bundesregierung sein, erklärte der Vorstandsvorsitzende der Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß. Es müsse jetzt kurzfristig gehandelt werden und die Kliniken mit einem Inflationsausgleich von den extrem gestiegenen Kosten entlastet werden, die sie selbst nicht mehr tragen könnten. Es bleibe fraglich, wie viele Krankenhäuser die Reform unter den jetzigen schweren wirtschaftlichen Bedingungen überhaupt erleben würden. Dass sich die Personalsituation durch die geplante Reform verbessern würde, bezeichnete Gassen als „illusorisch“.

Am 10. Juli hatten sich Bund und Länder auf Eckpunkte einer großen Krankenhausreform verständigt. Wesentliche Reformziele sind insbesondere die Einführung einer Vorhaltefinanzierung und bundeseinheitlicher Leistungsgruppen und Qualitätskriterien für die Krankenhäuser sowie die Umwandlung bestehender, in der Regel kleinerer Häuser in sektorenübergreifende Versorger. Minister Lauterbach sagte, der Bund werde nach der Sommerpause ein Gesetz zur Transparenz vorlegen. Patienten hätten ein Recht darauf zu wissen, welches Krankenhaus welche Leistungen mit welcher Qualität anbiete.

An der Befragung vom 17. bis zum 19. Juli 2023 beteiligten sich den Angaben zufolge bundesweit 448 Allgemeinkrankenhäuser.

Holger Spierig