Neumünster (epd). Sozialkaufhäuser haben nach Meinung des Geschäftsführers der Diakonie Altholstein, Heinrich Deicke, heute eine andere Aufgabe als noch vor 20 Jahren. Die Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen für den ersten Arbeitsmarkt stehe heute nicht mehr so sehr im Fokus. Mit Deicke sprach Nadine Heggen.
epd sozial: Herr Deicke, welche Funktion haben Sozialkaufhäuser?
Heinrich Deicke: Die Diakonie Altholstein hat das Projekt Sozialkaufhaus vor 20 Jahren gestartet. Damals hatten wir hohe Arbeitslosenzahlen. Uns als Diakonie waren seinerzeit drei Aspekte wichtig. Erstens die Qualifizierung: Wir wollten Menschen in den ersten Arbeitsmarkt vermitteln. Zweitens Nachhaltigkeit, also die Wiederverwertung von gebrauchten Alltagsgegenständen. Und drittens der soziale Ansatz: Wir wollten günstige Einkaufsmöglichkeiten für Menschen schaffen, die staatliche Unterstützung zum Lebensunterhalt erhalten.
Der Bereich der Qualifizierung ist heute nicht mehr so sehr im Fokus, die Nachfrage und die Anzahl der Menschen, die auf günstigen Einkauf angewiesen sind, steigt jedoch. Das macht deutlich, dass es mehr Menschen gibt, die finanziell in einer schwierigen Lage sind. Das nehmen auch die Städte und Gemeinden wahr. Zusätzlich konnten wir im vergangenen Jahr die Kommunen dabei unterstützen, rund 120 Wohnungen für rund 400 Flüchtlinge auszustatten.
epd: Und welche Rolle spielt der Arbeitsmarktaspekt heute?
Deicke: Eine andere Rolle. An die Stelle der Qualifizierung ist mittlerweile die Beschäftigung von Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Rahmen von Arbeitsgelegenheiten getreten. Heute kommen Menschen, die zum Teil gesundheitlich eingeschränkt und schon sehr lange arbeitslos sind. Unsere Aufgabe ist es heute, die Menschen an einen strukturierten Tagesablauf zu gewöhnen. In der Regel sind die Teilnehmer ein halbes Jahr im Sozialkaufhaus beschäftigt, eine Verlängerung auf bis zu drei Jahre ist möglich.
epd: Schaffen Sie es in dieser Zeit, die Menschen für den ersten Arbeitsmarkt zu qualifizieren?
Deicke: Das ist nicht mehr das vorrangige Ziel der Maßnahme. Wir freuen uns, wenn es mal gelingt, aber es ist natürlich schwer. Eigentlich brauchen wir einen zweiten Arbeitsmarkt, der staatlich subventioniert ist und auf dem die Menschen dauerhaft beschäftigt werden. Die kurze Dauer der Maßnahme stellt für die Teilnehmer keine langfristige Perspektive dar.