sozial-Recht

Bundesgerichtshof

Vorrang für Rollstuhlfahrer beim Ein- und Ausstieg im Flugzeug



Karlsruhe (epd). Rollstuhlfahrer und andere Menschen mit eingeschränkter Mobilität und ihre Begleitpersonen haben bei Flugreisen Vorrang beim Ein- und Ausstieg im Flugzeug. Verpasst ein Rollstuhlfahrer einen direkten Anschlussflug, weil er zuletzt aus dem Flugzeug aussteigen musste, muss die Fluggesellschaft die Kosten für ein Ersatzticket übernehmen und kann für die Flugverspätung auch zu einer Ausgleichszahlung verpflichtet sein, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem am 18. Juli veröffentlichten Urteil.

Im Streitfall hatten ein Rollstuhlfahrer und seine Frau einen Flug von Frankfurt am Main nach St. Petersburg gebucht. In Budapest sollte das Paar umsteigen. Die Umsteigezeit betrug 45 Minuten.

Anschlussflug verpasst

Als das Paar in Budapest landete, durfte es trotz des Hinweises auf den Anschlussflug erst als Letzte aus dem Flugzeug aussteigen. Der Anschlussflieger wurde verpasst. Das Paar musste einen Ersatzflug buchen und kam mit zehnstündiger Verspätung in St. Petersburg an.

Das Landgericht Frankfurt am Main urteilte, dass Reisende mit eingeschränkter Mobilität sowie deren Begleitpersonen vorrangig beim Ein- und Ausstieg im Flugzeug behandelt werden müssen. Sie hätten Anspruch auf Kostenerstattung für die Ersatztickets, nicht aber auf eine Ausgleichszahlung wegen einer Flugverspätung. Der Anschlussflug sei ja nicht verspätet gewesen.

Anspruch auf Ausgleichszahlung

Der BGH hob dieses Urteil auf und verwies den Rechtsstreit an das Landgericht zurück. Die Fluggesellschaft sei dafür verantwortlich, dass das Paar zuletzt aussteigen musste und seinen Anschlussflug verpasst hat. Damit habe das Paar Anspruch auf die Ausgleichszahlung in Höhe von hier 400 Euro pro Person. Fluggesellschaften seien verpflichtet, Menschen mit eingeschränkter Mobilität sowie ihren Begleitpersonen „bei der Beförderung Vorrang einzuräumen“.

Allerdings bestehe der Anspruch auf Ausgleichszahlung nur, wenn der erste sowie der direkte Anschlussflug einheitlich gebucht wurden. Dies müsse das Landgericht noch einmal prüfen, urteilte der BGH.

Az: X ZR 84/22