sozial-Recht

Landesarbeitsgericht

Krankschreibung bis Job-Ende begründet keine Zweifel an Attest



Hannover (epd). Eine Krankschreibung genau bis zum Ende eines Arbeitsverhältnisses begründen noch keine berechtigten Zweifel an der ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit. Selbst wenn ein Arbeitnehmer nach Ende seines Arbeitsverhältnisses wieder gesund geworden ist und eine neue Arbeitstätigkeit aufgenommen hat, darf der frühere Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nicht verweigern, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen in Hannover in einem am 4. Juli bekanntgegebenen Urteil. Gegen das Urteil wurde inzwischen Revision beim Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt eingelegt (Az.: 5 AZR 137/23).

Der Kläger hatte seit Mitte März 2021 in einer Zeitarbeitsfirma als Helfer gearbeitet. Als er seit dem 21. April 2022 nicht mehr eingesetzt wurde und er sich am 2. Mai für fünf Tage krankmeldete, erhielt er von seinem Arbeitgeber umgehend eine ordentliche Kündigung zum Monatsende.

Starker seelischer Stress

Der Zeitarbeiter legte mit Ablauf der ersten Krankmeldung weitere ärztliche Atteste vor, die ihm bis Ende des Arbeitsverhältnisses die Arbeitsunfähigkeit bescheinigten. Der behandelnde Arzt hatte ihm eine akute Infektion der oberen Atemwege und zuletzt starken seelischen Stress attestiert. Als das Arbeitsverhältnis beendet war, trat nur einen Tag später der nunmehr gesund gewordene Kläger eine neue Beschäftigung an.

Das Zeitarbeitsunternehmen verweigerte die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Da genau bis Ende des Arbeitsverhältnisses die Arbeitsunfähigkeit bescheinigt wurde und der Kläger einen Tag später einen neuen Job angetreten hat, gebe es erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der ärztlichen Atteste.

Beweiswert der AU-Bescheinigung

Doch der Arbeitgeber ist zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall verpflichtet, urteilte das LAG. Zwar könne der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert werden, wenn sich der Arbeitnehmer nach Erhalt der Kündigung sich „postwendend“ krankmeldet.

Hier habe sich der Kläger aber erst krankgemeldet und dann die Kündigung des Arbeitgebers erhalten. Dass der Kläger wegen der Kündigung seine Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht hat und die Krankschreibung fehlerhaft sei, sei damit nicht ausreichend belegt. „Allein die Tatsache, dass ein Arbeitnehmer bis zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig krankgeschrieben ist, am unmittelbar darauffolgenden Tag gesundet und bei einem anderen Arbeitgeber zu arbeiten beginnt, erschüttert in der Regel ohne Hinzutreten weiterer Umstände den Beweiswert von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht“, urteilte das LAG.

Az.: 8 Sa 859/22