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Krankenhausreform: Bund und Länder einigen sich auf Eckpunkte




DRK-Krankenhaus in Alzey
epd-bild/Kristina Schäfer
Nach monatelangem Ringen haben sich Bundesgesundheitsminister Lauterbach und seine Länderkollegen auf Eckpunkte für eine zentrale Reform geeinigt: In Krankenhäusern sollen künftig Vorhaltepauschalen die bisherigen Fallpauschalen ablösen.

Berlin (epd). Bund und Länder haben sich auf Eckpunkte für eine Krankenhausreform geeinigt. Zentraler Punkt ist ein Ende der umstrittenen Fallpauschalen. Stattdessen bekommen Kliniken Vorhaltepauschalen. Das gemeinsam am 10. Juli in Berlin beschlossene Eckpunktepapier soll als Grundlage für einen Gesetzentwurf dienen, der noch in diesem Sommer erarbeitet werde. „Wir sind voll im Zeitplan. Mit dieser Einigung ist zu erwarten, dass das Gesetz am 1. Januar in Kraft treten kann“, verkündete Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) nannte die Ergebnisse des Bund-Länder-Treffens enttäuschend. Insgesamt fallen die Reaktionen der Fachverbände gemischt aus.

„Existenzgarantie für kleine Kliniken“

Lauterbach betonte, dass nur Kliniken, die die Qualitätskriterien für bestimmte Leistungen auch erfüllen, die Vorhaltepauschalen erhalten: „Die Patienten können sich darauf verlassen, dass die angebotenen Krankenhausbehandlungen auch immer nötig sind und vom Krankenhaus mit der entsprechenden Qualität ausgeführt werden können.“ Außerdem sei die Vorhaltepauschale von 60 Prozent eine Existenzgarantie für kleine Kliniken. So könne eine flächendeckende medizinische Versorgung vor allem auf dem Land gesichert werden - trotz einbrechender Fallzahlen.

Die Einigung mit den Ländern - nur Bayern stimmte dagegen - sieht vor, das Vergütungssystem mit Pauschalen für Behandlungsfälle grundlegend zu ändern. Das soll Krankenhäuser von dem finanziellen Druck befreien, immer mehr Fälle übernehmen zu müssen und teils auch Eingriffe vorzunehmen, für die sie keine große Expertise haben.

Grundlage der Finanzierung durch die Krankenkassen sollen noch zu definierende Leistungsgruppen der Kliniken sein - also etwa „Kardiologie“. Die Leistungsgruppen sollen einheitliche Qualitätsvorgaben absichern. Ferner sollen die Kliniken einen großen Anteil der Vergütung allein schon für das Vorhalten von Personal, Technik, Notaufnahmen und anderen Leistungsangeboten bekommen.

Der Bund werde nach der Sommerpause ein Gesetz zur Transparenz vorlegen, kündigte Lauterbach an. Patienten hätten ein Recht darauf zu wissen, welches Krankenhaus welche Leistungen mit welcher Qualität anbiete.

„Absichtserklärungen und Prüfaufträge“

Der DKG-Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß äußerte scharfe Kritik. „Aus der großen Krankenhausreform, die vollmundig als Revolution angekündigt wurde, wurde nun ein Eckpunktepapier voller Absichtserklärungen und Prüfaufträge“, kommentierte er am 10. Juli in Berlin das Verhandlungsergebnis. Dennoch sei es „gut und richtig, dass man sich auf Eckpunkte für diese Reform geeinigt hat, denn wir brauchen diese Reform dringend“, erklärte der Klinikvertreter.

Gaß vermisst einen „geordneten Transformationsprozess“. Dafür wäre es „dringend erforderlich gewesen, klarzustellen, welche Mittel für den Umbau der Krankenhauslandschaft bereitgestellt werden. Dort, wo Krankenhausstandorte geschlossen werden sollen, müssen an anderen Stellen Krankenhäuser erweitert oder neu gebaut werden“, sagte der DKG-Chef.

Bernadette Rümmelin, Geschäftsführerin des Katholischen Krankenhausverbandes Deutschland (KKVD) nannte es einen „richtigen Ansatz“, das Vorhalten notwendiger Strukturen unabhängig von den Fallzahlen zu finanzieren. Doch das Problem der chronischen Unterfinanzierung in den Kliniken lösten die Eckpunkte mit ihrem Vorgehen nicht. „Es reicht nicht aus, die derzeitigen Erlöse der Krankenhäuser einfach umzuverteilen“, sagte Rümmelin.

„Rechnung mit vielen Unbekannten“

Außerdem forderte die Geschäftsführerin des KKVD vom Bund, den Kliniken jetzt schnell mit Finanzhilfen unter die Arme greifen. „Tut er das nicht, sind insbesondere freigemeinnützige Krankenhäuser gefährdet“, warnte sie.

Diakonie-Präsident Ulrich Lilie sieht in der Krankenhausreform eine Chance. Sie sollte genutzt werden für eine sektorenübergreifende Versorgungsplanung in den Regionen sowie eine stärker multiprofessionell ausgerichtete Primärversorgung.

Der GKV-Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) erklärte: "Für die Patientinnen und Patienten ist es ein Erfolg, dass auf Basis von Leistungsgruppen künftig bundeseinheitliche Qualitätsanforderungen gelten werden. Unklar bleibe aber die Finanzwirkung der Eckpunkte, sagte Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstand beim GKV-Spitzenverband.

Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund sieht in der geplanten Krankenhausreform „eine Rechnung mit vielen Unbekannten“. Deshalb sei „die in Aussicht gestellte laufende kritische Überprüfung des Reformprozesses “absolut essenziell", sagte die Bundesvorsitzende Susanne Johna. Sie begrüße daher die Ankündigung von Bund und Ländern, rechtzeitig vor Fertigstellung des Referentenentwurfes eine belastbare Auswirkungsanalyse und Folgenabschätzung vorzulegen.

Die Pflegeverbände kritisieren, dass in den Eckpunkten der Stellenwert der professionellen Pflege ignoriert werde. „Wir fordern Minister Lauterbach auf, sein Versprechen zu halten und den Verantwortungsbereich für Pflegefachpersonen auszuweiten“, erklärte die Präsidentin des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe, Christel Bienstein.

Markus Jantzer