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Ohne die Länder geht bei der Krankenhausreform wenig




Pfleger auf einer Intensivstation in Duisburg
epd-bild/Werner Krüper
Sie seien nicht gegen eine Krankenhausreform, betonen die Gesundheitsminister aus Bayern, NRW und Schleswig-Holstein - aber gegen die Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Sie sehen sich durch ein Rechtsgutachten in ihrer Kritik bestätigt. Mehrere Fachverbände teilen die Position der Länder.

Berlin, München (epd). Die geplante Krankenhaus-Reform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) steht in der Kritik, seit die ersten Eckpfeiler bekanntwurden. Nun hat es Lauterbach schwarz auf weiß: Die Pläne der Regierungskommission sind nicht verfassungskonform, weil sie die Zuständigkeiten der Länder zu stark beschneiden würden. Zu diesem Ergebnis kommt zumindest das von den Landesregierungen aus Bayern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein in Auftrag gegebene Rechtsgutachten des Augsburger Verfassungsrechtlers Professor Ferdinand Wollenschläger, das am 20. April in Berlin vorgestellt wurde.

Wollenschläger erläuterte, dass den Ländern bei einer Krankenhausreform „kraft Verfassungsrecht“ eigene und umfassende Gestaltungsspielräume „sowohl legislativer als auch administrativer Art“ bleiben müssten. In der Zusammenfassung seines 140-seitigen Gutachtens schreibt der Jurist: „Dass bundesweit Reformbedarf besteht oder eine bundeseinheitliche Regelung für wünschenswert erachtet wird, bedeutet (...) noch nicht, dass der Bundesgesetzgeber zur Reform berufen ist.“ Oder wie es an anderer Stelle heißt: „Dem Bund steht keine umfassende Gesetzgebungszuständigkeit für das Krankenhauswesen zu“, sondern nur „eine partielle“.

„Planungsgefugnis der Länder erheblich beschnitten“

Kern der geplanten Krankenhausreform des Bundes ist eine Ergänzung der seit über 20 Jahren existierenden Fallpauschalen. Stattdessen soll das Vorhalten von Leistungen besser vergütet werden. Damit soll sich vor allem die Zahl unnötiger, aus wirtschaftlichen Überlegungen durchgeführter Eingriffe verringern. Auch soll es künftig eine Unterteilung der Krankenhäuser in verschiedene Versorgungslevel geben. Kleinere Kliniken mit niedrigerem Versorgungslevel sollen sich auf eine Grundversorgung konzentrieren, während die komplexeren Eingriffe vor allem in großen, entsprechend spezialisierten Kliniken stattfinden sollen.

Das verfassungsrechtliche Problem sieht Wollenschläger darin, dass der Bund zuerst die Versorgungslevel festlegen will - dadurch werden also Vergütungsrahmen für die einzelnen Kliniken festgelegt, die wiederum maßgeblich für das sind, was ein Krankenhaus anbieten kann. Diesen Vergütungsregelungen komme also „erhebliche Planungsrelevanz zu“, sagte der Verwaltungsjurist. Damit wäre die „Planungsbefugnis der Länder“ in einem Ausmaß beschnitten, dass diese kaum noch Gestaltungsspielräume hätten. Eine Lösung könnte sein, dass die neuen Vergütungsregeln „an den krankenhausplanerischen Versorgungsauftrag anknüpfen“.

„Bei zentral von Berlin gesteuerter Reform gehen wir nicht mit“

Die drei unionsgeführten Landesregierungen - und vor allem die für Gesundheit zuständigen Minister - sehen sich durch das Gutachten in ihrer Kritik an Lauterbachs Reformplänen bestätigt. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sagte, eine Krankenhausreform sei zwar wichtig, aber man setze sich eben auch für eine „bestmögliche und flächendeckende medizinische Versorgung der Menschen in unseren Ländern ein“. Bei einer „zentral von Berlin aus gesteuerten Reform“ könne man nicht mitgehen. Es brauche „einen offenen Dialog auf Augenhöhe“ zwischen Bund und Ländern und eine Korrektur des Reformvorhabens, sagte Holetschek.

Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sagte, er sei froh, dass Lauterbach mittlerweile angekündigt habe, „keine 1:1-Umsetzung der Vorschläge“ anzustreben, sondern mit den Ländern zusammenzuarbeiten. Man sehe das Gutachten Wollenschlägers „auch als Bestätigung“, mit der Umsetzung der Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen fortzufahren.

Kompetenz der Länder werde dringend benötigt

Schleswig-Holsteins Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken (CDU) sagte, die drei Länder wollten „keinesfalls eine Reform verhindern, sondern - ganz im Gegenteil - einen Erfolg der Reform ermöglichen.“

Aber die geplante Reform des Bundes würde nicht nur die Krankenhausfinanzierung neu regeln, sondern auch Vorgaben zur Krankenhausplanung machen, die massiv in die Planungshoheit der Länder eingreifen. „Insbesondere bei der Festlegung von Strukturvoraussetzungen wird die Kompetenz und Erfahrung der Länder benötigt, die ihre regionalen Besonderheiten kennen“, so der Minister. Mindestkriterien, die von Bundesebene aus mit dem Gießkannenprinzip verabschiedet werden, bergen aus seiner Sicht insbesondere in nicht elektiven Bereichen das Risiko einer Unterversorgung ländlicher Regionen.

DKG sieht sich bestätigt

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) begrüßte die Bestätigung, dass die Krankenhausplanung letztverantwortlich in der Hoheit der Bundesländer liegt. Vorstandsvorsitzender Gerald Gaß sagte, die Landeshoheit über die Krankenhausplanung müsse gewahrt werden. „Die Autoren bestätigen das verfassungsrechtliche Primat der Krankenhausplanung der Länder vor der Kompetenz des Bundes in Vergütungsfragen.“

Der Katholische Krankenhausverband Deutschlands (kkvd) würdigte die Klarstellung und unterstrich, dass die Hoheit der Länder für die Krankenhausplanung bei den anstehenden Reformen nicht nur aus juristischen, sondern auch aus versorgungspraktischen Gründen gewahrt bleiben müsse. Geschäftsführerin Bernadette Rümmelin: „Der Versorgungsbedarf aufgrund der demografischen Entwicklung ist von Region zu Region unterschiedlich. Dem kann nur eine Krankenhausplanung gerecht werden, die von den Ländern verantwortet und ausgestaltet wird.“ Wo bundeseinheitliche Vorgaben unverzichtbar seien, müssten die Ländern ausreichend Handlungsspielräume haben, um sie an die regionalen Gegebenheiten anzupassen.

Carola Reimann, die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandess, rief Bund und Länder auf, die Kliniklandschaft gemeinsam zu reformieren. „Dabei sind bundeseinheitliche Leistungsgruppen und Leistungsbereiche aus unserer Sicht unverzichtbar, um Planung und Finanzierung endlich gleichgerichtet auf die bedarfsnotwendigen Strukturen auszurichten.“ Die Länder könnten auf Basis der Leistungsgruppen künftig konkrete Versorgungsaufträge für die Kliniken festlegen. Diese seien dann auch eine geeignete Grundlage für die Entscheidung, welche Kliniken künftig die Fallzahl-unabhängigen Vorhaltepauschalen für bedarfsnotwendige Leistungen erhalten.

Daniel Staffen-Quandt, Dirk Baas