sozial-Recht

Bundesverfassungsgericht

Entschädigung nach Durchsuchung eines nackten Gefangenen



Karlsruhe (epd). Gefangene können nach einer rechtswidrigen vollständigen Entkleidung und körperlichen Untersuchung durch Justizbeamte eine Entschädigung verlangen. Dies hat das Bundesverfassungsgericht in einem am 16. Juni veröffentlichten Beschluss entschieden und dabei auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) verwiesen. Damit hat ein in einer bayerischen Justizvollzugsanstalt (JVA) inhaftierter Mann gute Chancen auf eine finanzielle Wiedergutmachung wegen einer erlittenen allgemeinen Persönlichkeitsrechtsverletzung.

Der zu einer lebenslangen Haftstrafe veruteilte Manne hatte im März 2019 Familienbesuch in der Cafeteria des Gefängnisses erhalten. Nach dem Besuch musste er sich für eine körperliche Untersuchung nackt ausziehen. Zwei Vollzugsbeamte inspizierten zunächst die Achselhöhlen, den Mund und die Fußsohlen und auch den Intimbereich. Ein weiterer JVA-Bediensteter in Ausbildung beobachtete die Durchsuchung.

Im allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt

Die Beamten beriefen sich auf die bayerischen Vorschriften. Danach war nach einem Besuch eine körperliche Durchsuchung mit vollständiger Entkleidung an jedem sechsten Strafgefangenen vorgesehen. Ausnahme: Es handelte sich um amtliche oder vergleichbare Besuche etwa von Anwälten, Polizei oder Therapeuten.

Das Bundesverfassungsgericht hatte die körperliche Durchsuchung des Mannes mit Beschluss aus dem Jahr 2020 für rechtswidrig angesehen. Der Häftling sei in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden.

Eine von dem Mann geforderte Geldentschädigung in Höhe von 500 Euro lehnte der Freistaat Bayern ab. Doch in solch einem Fall besteht Anspruch auf eine Entschädigung, stellte das Bundesverfassungsgericht mit Verweis auf die Rechtsprechung des EGMR und die Europäische Menschenrechtskonvention fest. Der EGMR habe in vergleichbaren Fällen wegen mehrerer rechtswidriger körperlicher Durchsuchungen eine Entschädigung von insgesamt 12.000 Euro für angemessen erachtet. Das Landgericht Regensburg sei hier verpflichtet, „die Gewährleistungen der Konvention zu beachten und in die nationale Rechtsordnung einzupassen“. Das Gericht müsse daher den Entschädigungsanspruch daher noch einmal überprüfen.

Az.: 2 BvR 78/22