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Gesundheit

Interview

Diakoneo-Chef: Wir brauchen mehr Geld für unsere Klinik




Mathias Hartmann (li.)und Michael Kilb
epd-bild/Uwe Niklas/Lukas Herbert
Dem evangelischen Sozialunternehmen Diakoneo fehlen nach eigenen Angaben akut 12 Millionen Euro, um die Klinik in Neuendettelsau weiterbetreiben zu können. Bisher blieben die Appelle an die Landesregierung erfolglos. Der Diakoneo-Vorstand im Interview.

Neuendettelsau (epd). Der Vorstand des evangelischen Sozialunternehmens Diakoneo will in nächster Zeit entscheiden, ob die Klinik von Diakoneo in Neuendettelsau zum Jahresende die stationäre Versorgung aufgeben muss. Im epd-Interview erläutern der Vorstandsvorsitzende Mathias Hartmann und der Vorstand Gesundheit, Michael Kilb, wie brisant die Lage für das Haus mit 150 Betten und rund 350 Beschäftigten ist. Mit ihnen sprach Jutta Olschewski.

epd sozial: Anfang des Jahres haben Sie darauf hingewiesen, dass das Defizit der Klinik in Neuendettelsau auf Dauer nicht tragbar ist. Was ist seither geschehen?

Mathias Hartmann: Wir machen seit Monaten die Politik und die Öffentlichkeit darauf aufmerksam, dass die stationäre Versorgung der Klinik Neuendettelsau in Gefahr ist. Aber wir bekommen aus der Politik nur ein Achselzucken. Wir sind mit den Gesprächen noch nicht ganz am Ende. Aber wenn keine weitere Refinanzierung mehr für die Klinik kommt, müssen wir Ende des Jahres die stationäre Versorgung schließen. Diese Entscheidung müsste Mitte dieses Jahres fallen. Das ist nicht die Lösung, die wir wollen, denn es schmerzt mich, wenn wir gezwungen sind, uns auf ein Medizinisches Versorgungszentrum zu konzentrieren.

epd: Wie viel Geld fehlt genau?

Hartmann: In den vergangenen zehn Jahren ist ein Defizit von rund 20 Millionen Euro aufgelaufen. Wir brauchen jetzt für den Weiterbetrieb für die nächsten drei Jahre 12 Millionen Euro. Das Problem kennt man ja von vielen kleinen Krankenhäusern, die für die Gesundheitsversorgung auf dem Land wichtig sind, die ihren Erhalt aber von ihrer Größe her nicht selbst erwirtschaften können. 12 Millionen in drei Jahren sind im Vergleich zu anderen Kliniken ein geringer Betrag, aber andere Häuser sind kommunal getragen und die Verantwortlichen können einfach in den Steuersäckel greifen, weil die Versorgung ihre kommunale Aufgabe ist. Diese Möglichkeit haben wir als freier gemeinnütziger und konfessioneller Träger nicht.

epd: Wenn Sie sagen, Sie brauchen die Millionen für die kommenden drei Jahre, hoffen Sie, dass bis dahin die geplante Krankenhausreform des Bundes greift. Allerdings hat der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) gerade in einem Interview gesagt, 'entscheidend ist nicht das Tempo bei der Reform, sondern ihr Erfolg'. Spricht er da in Ihrem Sinne oder fällt er Ihnen in den Rücken, weil Ihnen die Zeit und die Kosten weglaufen?

Hartmann: Natürlich es es wichtig, dass die Reform gründlich gemacht wird, aber ganz viele Träger haben nicht mehr die Zeit zu warten, bis die Politik sich bewegt. Seit Monaten wird überlegt, und im Moment erleben wir ein Fingerhakeln zwischen dem Bund und den Ländern, das es wieder verzögert. Dabei sind die Träger von Kliniken, die ein Defizit haben die Leidtragenden - und da rede ich von 90 Prozent aller Kliniken in Bayern.

Michael Kilb: Der Faktor Geschwindigkeit belastet die freien gemeinnützigen Träger signifikant mehr als die in kommunaler Trägerschaft. Für sie gibt es keinen Topf, aus dem die Defizite ausgeglichen werden können. Daher halte ich das für eine Nichtgleichbehandlung der Träger. Sie könnten verstärkt vom Markt verdrängt werden.

epd: Was würde der Bevölkerung mit dem Wegfall der Neuendettelsauer Klinik fehlen?

Hartmann: Wir haben eine wirklich hervorragende medizinische Ausstattung speziell in der Kardiologie und viel, das wir im größten Flächenlandkreis Bayerns zur Gesundheitsversorgung in die Waagschale werfen können. Nur das Gesundheitssystem ist leider so gestrickt, dass es hochspezialisierte Gesundheitsversorgung auf dem Land nicht refinanziert. Wir können nicht warten, bis die Politik dieses Finanzierungssystem reformiert, sondern brauchen eine Überbrückung, bis das System greift.

Kilb: Wir führen jedenfalls die Kardiologie, egal was uns von der Politik signalisiert wird, bis Ende dieses Jahres fort. Wir haben unsere Brust-Schmerz-Einheit (Chest Pain Unit) auch noch zertifizieren lassen, so dass da die Rahmenbedingungen für eine exzellente Versorgung von kardiologischen Patienten gewährleistet wären. Und wir haben eine kardiologische Notfallversorgung sichergestellt.

epd: Was werden Sie in den nächsten Wochen tun, um die Schließung doch noch abzuwenden?

Hartmann: Wir werden weiter Gespräche führen und auch das Gespräch mit dem Gesundheitsminister noch einmal suchen. Wir haben in diesem Jahr Landtagswahl und da hätte ich schon gerne eine Antwort auf die Frage, wie die Regierung mit der Klinik Neuendettelsau umgeht und mit der Gesundheitsversorgung im Landkreis Ansbach. Auch mit dem Landkreis wollen wir sprechen und dabei hoffentlich erfahren, was dem Landkreis diese Gesundheitsversorgung wert ist. Wir hoffen, dass da Signale kommen, eventuell schließen sich Landkreis und Freistaat ja zusammen, um uns zu helfen.