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Pflege

Branche ringt mit Imageproblem




Eine Pflegekraft kämmt einer Bewohnerin die Haare.
epd-bild/Werner Krüper
Der Beruf des Altenpflegers leidet unter einem schlechten Ruf. Schlecht bezahlt ist er aber nicht mehr. Der Generationenwechsel stellt die Altenpflege vor neue Herausforderungen.

Bexbach, Saarbrücken (epd). Bewohner Günter Lill ist voll des Lobes für die Betreuung im Seniorenheim Höcherberg im saarländischen Bexbach: „Wenn das Pflegepersonal 10.000 Euro pro Monat verdienen würde, wäre das noch zu wenig“, sagt er. Das Einkommen ist für viele Altenpfleger inzwischen gar nicht mehr das größte Problem, vielmehr leidet die Branche vor allem unter dem schlechten Image ihres Jobs sowie den belastenden Arbeitsbedingungen und macht sich Nachwuchssorgen.

Das Positive an dem Beruf

Nach Angaben der Saarländischen Pflegegesellschaft (SPG) liegt die Ausbildungsvergütung schon im ersten Jahr mit mehr als 1.100 Euro im Monat inzwischen höher als in allen anderen Branchen. Eine Pflegefachfrau verdiene zwischen 2.600 und 3.000 Euro brutto im Monat - ohne Nacht-, Feiertags- und sonstige Zuschläge. Es müsse deutlicher das Positive an dem Beruf hervorgehoben und nicht immer wieder die „alte Mär“ von der schlechten Bezahlung heruntergeleiert werden, sagt der SPG-Vorsitzende, Holger Wilhelm.

Vielen examinierten Altenpflegern mache bisweilen der schlechte Ruf zu schaffen „Ach, alten Menschen den Arsch abwischen, das ist nichts für mich“, bekomme sie oft zu hören, wenn sie im Privaten nach ihrem Beruf gefragt werde, berichtet die examinierte Altenpflegerin Lisa Martin.

Ähnliche Erfahrungen hat eine Pflegedienstleiterin in einem Heim im Raum Merzig bei Ausbildungsmessen gemacht. Die 63-Jährige ist seit 30 Jahren im Beruf. Ihren Namen und den Ort der Einrichtung will sie in Absprache mit ihrem Chef nicht gedruckt sehen. Sie habe festgestellt, dass die meisten Berufseinsteiger heutzutage weniger ihre Motivation aus dem Bedürfnis zögen, mit Menschen zu arbeiten. „Nur noch wenige Jüngere zeigen wirkliche Empathie.“ Viele wollten einfach eine Lehre und danach ihren Job absolvieren und stiegen später wieder aus.

Kritischer Blick auf die Leiharbeit

Auch Leiharbeit in der Pflege sieht die 63-Jährige skeptisch, die vor drei Jahren die Pflegedienstleitung in ihrem Heim übernommen hat. Der Einsatz von Zeitarbeitern sei sehr teuer. Außerdem blieben solche Mitarbeiter höchstens vier Wochen im Betrieb, müssten aufwendig eingearbeitet werden und wollten oft nur unter der Woche Frühschichten machen, was in dem Rund-um-die-Uhr-Betrieb in einem Pflegeheim eigentlich gar nicht gehe.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) plant derzeit den Einsatz von Leiharbeitern in Seniorenheimen durch Verbot der Übernahme der zusätzlichen Kosten durch die Pflegeversicherung einzuschränken. Hintergrund ist, dass Zeitarbeitsfirmen reguläre Pflegekräfte zunehmend mit dem Versprechen höherer Löhne und besserer Arbeitsbedingungen abgeworben haben. Nach Ansicht von SPG-Geschäftsführer Jürgen Stenger ist das wenig zielführend. So sei es sinnvoller, Listen zu erstellen, wann Leiharbeit erlaubt und wann verboten sei.

Kampf mit Papierkram

Den Pflegekräften macht zudem der Papierkram zu schaffen. Es gebe keinen anderen Berufszweig, in dem es mehr Vorschriften gebe als in der Pflege, sagt die Pflegedienstleiterin aus dem Raum Merzig. „Früher hatte man sehr viel mehr Zeit für die Menschen.“ Die Pflege sei nur mithilfe von Pflegeassistenten zu schaffen, zu denen sich auch alle Hauptschüler zwei Jahre lang ausbilden lassen müssen, bevor sie die dreijährige Fachausbildung beginnen können. Von den 58 Altenpflegern in dem Heim im Raum Merzig seien nur 14 Fachkräfte, die übrigen Assistenten.

Nach Beobachtung der Pflegedienstleiterin hat die Zahl der intensiverer Pflege bedürftigen Menschen zugenommen. „Viele alte Menschen bleiben heute länger zu Hause und ziehen nur ins Heim, wenn es gar nicht mehr anders geht.“

Jörg Fischer