Karlsruhe (epd). Eine Justizvollzugsanstalt darf bei einem geäußerten Sterbewunsch eines Häftlings und einer beabsichtigten Nahrungsverweigerung trotzdem eine Zwangsernährung vorsehen. Denn sei gar nicht klar, dass der Gefangene aus freiem Willen und ernsthaft seinen Sterbeentschluss gefasst hat, müsse er die zwangsweise Ernährung dulden, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am 16. Mai veröffentlichten Beschluss. Die Karlsruher Richter lehnten damit den Antrag eines Häftlings auf einstweilige Anordnung ab, keine Zwangsernährung bei ihm vorzunehmen.
Der Mann befindet sich in Untersuchungshaft und wollte die Nahrungsaufnahme verweigern, um sterben zu können. Gerichtlich wollte er verhindern, dass er zwangsernährt wird. Als auch der Bundesgerichtshof den Untersuchungshäftling abwies, beantragte er beim Verfassungsgericht eine einstweilige Anordnung, dass ihm nicht zwangsweise Nahrung verabreicht wird.
Das Bundesverfassungsgericht lehnte den Antrag ab. Der Häftling müsse „jedenfalls bis zum Vorliegen einer belastbaren psychiatrischen Einschätzung der Ernsthaftigkeit seines Sterbewunsches - die von ihm abgelehnte zwangsweise Ernährung dulden“. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt werde der Sterbewunsch ärztlicherseits unterschiedlich bewertet. Eine fundierte psychiatrische Begutachtung und Bewertung, ob der Mann aus freiem Willen seinen Entschluss gefasst hat, liege nicht vor. Es sei „zweifelhaft, ob sein Entschluss, aus dem Leben zu scheiden, von freier Selbstbestimmung und Eigenverantwortung getragen ist“.
Az.: 2 BvQ 51/23