Karlsruhe (epd). Der Umgang getrennt lebender Eltern mit dem gemeinsamen Kind braucht gerade bei noch bestehenden elterlichen Streitigkeiten klare Regeln. Legt ein Familiengericht den regelmäßigen Umgang eines getrennt lebenden Vaters mit seinem Kind auf „Freitag nach der Schule“ fest, sollte auch geklärt werden, inwieweit der Vater das Kind an Tagen ohne Schulbesuch betreuen kann, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe in einem am 7. Mai veröffentlichten Beschluss. Andernfalls könne der Mutter wegen eines verweigerten Umgangs an schulfreien Tagen kein Ordnungsgeld auferlegt werden.
Konkret ging es um ein siebenjähriges, im Haushalt der Mutter lebendes Kind. Die Eltern hatten sich getrennt und standen im Streit, wer wann Umgang mit dem Kind haben kann. Das Familiengericht hatte daraufhin bestimmt, dass der Vater alle 14 Tage „von Freitag nach der Schule bis Montag früh zum Beginn der Schule“ Umgang mit dem Kind haben soll. Auch an jedem Mittwoch einer Woche nach der Schule bis Donnerstag zum Beginn der Schule sollten Vater und Kind Umgang pflegen.
Doch gerade am ersten Wochenende, an dem die Umgangsregelung greifen sollte, gab die Mutter das Kind nicht heraus. Denn am darauffolgenden Montag wurde das Kind erst eingeschult.
Der Vater beantragte gegen seine Ex-Partnerin wegen des verweigerten Umgangs ein Ordnungsgeld. Dem kam das Familiengericht nach und verdonnerte die Frau zur Zahlung von 300 Euro.
Das OLG hob diese Entscheidung wieder auf. Damit ein Ordnungsgeld vollstreckt werden könne, müsse klar sein, gegen welche Pflichten verstoßen wurde. Bei Umgangsregelungen sei „eine genaue und erschöpfende Bestimmung über Art, Ort und Zeit des Umgangs erforderlich, insbesondere auch eine konkrete Uhrzeit“. Zwar könne der Kindesumgang auf Zeiten vom Beginn und Ende der Schule bestimmt werden. Dann müsse auch geregelt werden, wie es sich in Zeiten verhält, in denen keine Schule ist oder das Kind aus unterschiedlichen Gründen nicht zur Schule gehen kann. Da dies nicht geregelt wurde, sei die Vollstreckung des Ordnungsgeldes nicht möglich.
Dabei haben getrennt lebende Eltern nicht nur ein Recht auf Kindesumgang, sondern auch die Pflicht dazu. Wie das OLG Frankfurt am Main mit Beschluss vom 11. November 2020 im Fall eines Vaters von drei Söhnen entschied, muss dieser sich auf Antrag der Mutter zum Umgang mit seinen Kindern durchringen.
Das Kind sei „Grundrechtsträger, dem die Eltern schulden, ihr Handeln an seinem Wohl auszurichten“. Schließlich bedürften Kinder elterlichen Schutz und Hilfe, um zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit heranwachsen zu können. Nur wenn der Umgang nicht dem Kindeswohl förderlich ist, könne der Kontakt zum Vater versagt werden, entschied das OLG.
Hier würden die Söhne aber den Vater vermissen. Auch bei einer hohen beruflichen Belastung könne ihm zugemutet werden, die Kinder tagsüber einmal im Monat an einem Sonntag sowie zeitweise in den Ferien zu sich zu nehmen. Verweigere der Vater den angeordneten Umgang, könne ein Zwangsgeld gegen ihn festgesetzt werden, betonte das Gericht.
Allerdings sind getrennt lebende Eltern nicht frei, sich gegen den Willen des anderen Elternteils ein Betreuungsmodell auszusuchen. Wie das Bundesverfassungsgericht am 22. Januar 2018 entschied, kann ein Elternteil trotz seines im Grundgesetz verankerten Elternrechts nicht verlangen, dass das sogenannte paritätische Wechselmodell beim Umgang mit den gemeinsamen Kindern als Regelfall festgeschrieben wird.
Hier komme das Wechselmodell, bei dem die Eltern zu gleichen Teilen das Kind betreuen, ohnehin nicht infrage. Denn das Verhältnis zwischen den Eltern sei „hoch strittig“, so dass das auf Kooperation angewiesene Wechselmodell nicht dem Kindeswohl diene. Schließlich dürfe auch nicht das Kind übergangen werden. Denn je älter das Kind sei, desto eher könne es über ein gewünschtes Wechselmodell mit entscheiden.
Doch auch der Staat muss das Elternrecht und die Pflicht von Eltern auf Umgang mit ihrem Kind achten. Hat etwa ein Asylbewerber ein deutsches Kind, muss er auch ohne Sorgerecht eine Vater-Kind-Beziehung aufrechterhalten können, entschied das Verwaltungsgericht Köln in einem Beschluss vom 15. August 2019. Die Behörden seien mit Blick auf den verfassungsrechtlichen Schutz der Familie grundsätzlich gehalten, bei der Umverteilung des Vaters in eine Gemeinschaftsunterkunft darauf Rücksicht zu nehmen. Die Kölner Richter gaben damit dem Eilantrag eines Asylbewerbers auf Unterbringung in eine Kölner Gemeinschaftsunterkunft statt, damit dieser weiterhin Kontakt zu seiner in Köln lebenden Tochter halten kann.
Az.: 5 WF 29/23 (Oberlandesgericht Karlsruhe)
Az.: 3 UF 156/20 (Oberlandesgericht Frankfurt am Main)
Az.: 1 BvR 2616/17 (Bundesverfassungsgericht)
Az.: 15 L 732/19.A (Verwaltungsgericht Köln)