Berlin (epd). Die Personalnot in der Altenpflege beutelt auch die kirchlichen Einrichtungen. Vier von fünf evangelischen Pflegeeinrichtungen müssen inzwischen ihre Angebote einschränken, wie aus einer Umfrage des Deutschen Evangelischen Verbandes für Altenarbeit und Pflege (DEVAP) und der Diakonie Deutschland hervorgeht, die am 9. Mai in Berlin vorgestellt wurde.
Besonders prekär ist demnach die Lage bei den ambulanten Pflegediensten: 89 Prozent mussten im vergangenen halben Jahr Neukunden ablehnen. 29 Prozent konnten die Leistungen bei ihren angestammten Pflegebedürftigen nicht aufstocken, obwohl diese darauf angewiesen sind.
In der stationären Pflege können fast drei Viertel der Heime und Einrichtungen nicht all jene Leistungen erbringen, für die sie eigentlich ausgelegt sind. Das betrifft vorrangig die Belegung freier Betten. Hauptursache sind hohe Krankenstände beim Personal und bei zwei Dritteln der befragten Einrichtungen, dass sie offene Stellen nicht besetzen können.
Die Zahlen zeigten, dass sich Deutschland bereits mitten in einer Pflegekrise befinde, sagte Diakonie-Sozialvorständin Maria Loheide. Die Versorgungssicherheit in der Langzeitpflege sei akut gefährdet. Trotz steigender Nachfrage reduziere sich das Versorgungsangebot, gleichzeitig nähmen Insolvenzen zu. Nötig sei ein radikales Umdenken in der Politik, die Pflege brauche dringend eine gesicherte Finanzierung, forderte sie. Andernfalls „steuern wir von der akuten Krise in die Katastrophe“.
Laut Wilfried Wesemann, Vorsitzender des DEVAP, „enthalten Lauterbachs Pläne für eine kleine Pflegereform sinnvolle Bausteine, die allerdings auf einem sehr brüchigen finanziellen Fundament stehen. Die vorgesehene Erhöhung des Beitragssatzes auf 3,4 Prozent reicht bei weitem nicht aus, um die notwendige Versorgung der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland hinreichend zu sichern. Wir brauchen jetzt einen Bundeskanzler, der sich zumindest an die Erfüllung des Koalitionsvertrages 2021-2025 hält.“
Die evangelischen Verbände forderten einen Pflegegipfel, um einen „Masterplan für die Zukunft der Pflege zu entwickeln. Die klugen Ideen und Konzepte sind da, um die Katastrophe abzuwenden und endlich gesamtgesellschaftlich die Pflege zu sichern“, erklärten sie.
Der DEVAP befragte in den ersten drei Aprilwochen dieses Jahres insgesamt 655 Pflegeeinrichtungen und -dienste der Diakonie, davon 64 Prozent aus der stationären Langzeitpflege, 30 Prozent aus der ambulanten Pflege, vier Prozent aus der Tagespflege sowie jeweils ein Prozent Pflegeschulen und Hospize. Die Teilnehmenden kamen vorwiegend aus Nordrhein-Westfalen (30 Prozent), Niedersachsen (24 Prozent) und Hamburg (acht Prozent).