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Mobbing am Arbeitsplatz trieb zweifache Mutter in eine Phobie




Schriftzug "Angst" in der Essener Innenstadt
epd-bild/Udo Gottschalk
Angststörungen sind die häufigste psychische Erkrankung weltweit. Allein in Deutschland erkranken jährlich rund zehn Millionen Menschen daran. Eine Betroffene berichtet, wie Psychoterror am Arbeitsplatz ihre Erkrankung auslöste.

Ansbach/Münster (epd). Es sind Momente der Einsamkeit, die in Rebecca Lang Herzrasen und Schweißausbrüche hervorrufen. „Alleine zu sein, ist für mich kaum möglich. Lange Zeit konnte ich nicht mal Auto fahren, ohne dass jemand neben mir saß“, sagt die zweifache Mutter.

Lang, die eigentlich anders heißt, leidet seit 2016 an einer Angststörung. Sie möchte ihren Namen nicht in der Zeitung lesen, da psychische Krankheiten immer noch schambehaftet seien. Ihr wahrer Name ist der Redaktion bekannt.

Angst, zur Arbeit zu gehen

Auslöser ihrer Angststörung war ein anhaltender Konflikt mit ihrer Vorgesetzten, wie sie sagt. „Bereits nach wenigen Wochen an meinem damals neuen Arbeitsplatz merkte ich, dass ich mich nicht wohlfühle. Ich hatte oft Angst, zur Arbeit zu gehen“, sagt die Kieferorthopädische Fachhelferin.

Die Streitigkeiten zogen sich über eineinhalb Jahre. „Sie schrie mich ohne Vorwarnung an, machte mich klein.“ Lang spricht von Psychoterror. „Ich hätte vor dem Arbeitsgericht klagen sollen, aber ich habe mich nicht getraut. Ich fühlte mich wie gelähmt“, sagt die 35-Jährige heute.

In Deutschland erkranken jährlich etwa zehn Millionen Menschen an einer Angststörung. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) gelten Angststörungen als häufigste psychische Erkrankung weltweit. Betroffene leiden oft unter starken Einschränkungen im Alltag. Die Symptome sind vielfältig und reichen von Zittern und Atemnot bis hin zu Herzrasen und Schwindel.

Der Psychotherapeut Torben Schubert von der Uni Münster beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Angststörungen. „Eine Angststörung manifestiert sich häufig in oder nach Lebensphasen und Ereignissen mit hohen Anforderungen, ausgeprägtem Stresserleben oder Umbrüchen“, erklärt er. Bei Lang war offenkundig das Mobbing am Arbeitsplatz der Auslöser für ihre Angststörungen. Damals begannen sie.

Ein Neuanfang tat gut

Schutzfaktoren wie stabile Beziehungen wirken laut Schubert der Entwicklung entgegen. „Mein Mann und unsere zwei Kinder sind eine große Stütze für mich“, bestätigt Lang. Auch ein Umzug und ein damit verbundener Arbeitsplatzwechsel sorgten für eine Verbesserung ihrer psychischen Situation. „Wir sind damals von Nürnberg in den Landkreis Ansbach gezogen.“ Mit dem Umzug hatte sie auch den Mut zu kündigen, erinnert sie sich. Ihre damalige Vorgesetzte habe zunächst gefordert, sie solle die rund eineinhalb Stunden zur Arbeit pendeln, doch das verweigerte Schramm. Der Neuanfang habe ihr gutgetan.

Lang setzt sich kleine Etappenziele, um mit ihrer Angst umzugehen. „Ich möchte auch längere Strecken wieder alleine mit dem Auto fahren können und nicht in Panik verfallen, wenn mein Mann und meine Kinder nicht da sind“, sagt sie.

Der Schlüssel, Ängste dauerhaft zu überwinden, liege darin, sich ihnen aktiv zuzuwenden. „Nur so kann ich nachhaltig begreifen, dass diese Erfahrungen zwar unangenehm, aber in aller Regel nicht gefährlich sind“, erklärt Psychotherapeut Schubert und sagt weiter: „Angst ist unser körpereigenes Warnsystem, das uns aktiv schützen will - und manchmal eben auch falsch liegen kann.“ Es sorge dafür, in brenzligen Situationen angemessen zu reagieren oder erst gar nicht in Gefahr geraten. „Manchen hilft es, sich vor Augen zu führen, dass Angst und Panik - und seien sie noch so massiv - selbst keine Gefahr darstellen.“

Rebecca Lang befindet sich in psychischer Behandlung. Die Therapie habe ihr geholfen, das Erlebte zu verarbeiten. Sie lerne, bestimmte Auslöser zu identifizieren und ihnen entgegenzuwirken, bevor eine Panikattacke entsteht. „Das Schlimmste ist die Angst vor der Angst“, sagt Lang.

Durch die Gespräche mit ihrer Psychologin und durch die medikamentöse Behandlung habe sie nun ihre Erkrankung besser im Griff. „Ich kann jedem Betroffenen raten, Hilfe zu suchen. Mir persönlich geht es seit der Therapie deutlich besser“, sagt sie.

Stefanie Unbehauen